Um ehrlich zu sein, haben wir dem iPhone Air mit gemischten Gefühlen entgegengefiebert. Denn: Dünner heißt meistens auch anfälliger, mehr verklebte Teile und damit schwerer zu reparieren. Aber das iPhone Air beweist das Gegenteil: Apple hat es geschafft, das dünnste iPhone aller Zeiten zu bauen, ohne die Reparierbarkeit zu beeinträchtigen.
Erst vor ein paar Monaten hat Samsung mit dem Galaxy S25 Edge ein ähnliches Kunststück in einem ultradünnen Gehäuse vollbracht. Wie haben sie das geschafft? Und wie konnte Apple nachziehen?
Das Geheimnis: Dünner kann tatsächlich besser repariert werden, wenn man es geschickt anstellt.

Von links nach rechts: Samsung Galaxy S25 Edge (5,8 mm), iPhone Air (5,64 mm) und das Urgestein der schlanken Smartphones, das Moto Z (5,2 mm).
Clevere Nutzung des Raums
Apple hat beim Air eine entscheidende Designänderung vorgenommen. Schon in der Keynote angedeutet, von uns per Lumafield Neptune CT-Scan bestätigt: Das Air ist im Grunde nur ein Akku mit einem Rahmen drum. Außerdem hat Apple das Logic Board nach oben verlagert, was einen großen Teil dazu beiträgt, das Gerät dünner zu machen, ohne die Reparatur zu beeinträchtigen.
Bei der Bewertung der Reparierbarkeit hängen 80 % der erreichten Punktzahl davon ab, wie gut die Teile zugänglich sind, die am ehesten kaputt gehen. Um das herauszufinden, erstellen wir ein Modell des Reparaturprozesses. Welchen Weg musst du nehmen, um an den Akku oder das Display zu gelangen? Wir nennen das den „Demontagebaum“. Der ideale (wenn auch unwahrscheinliche) Demontagebaum ist flach. Keine Teile stehen anderen Teilen im Weg.

Ein dünnes Gerät bedeutet oft vorteilhafterweise einen flachen Demontagebaum. Gestapelte Teile sind dicker als nebeneinander liegende Teile. Framework zeigt mit seinen Laptops seit Jahren, dass schlank und reparierbar kein Widerspruch ist, denn hier sind fast alle wichtigen Komponenten gut zugänglich, sobald man die Abdeckung entfernt.

Das iPhone Air bringt diesen Ansatz jetzt auch ins Smartphone: Durch die Verschiebung des Logic Boards wurde Platz gespart, ohne Teile übereinander zu packen, damit das Gerät dünn bleibt. Außerdem wird das Logic Board so auch weniger belastet, wenn sich das Smartphone in der Hosentasche verbiegt. Das ist eine clevere Lösung für die „Bendgate“-Probleme, die bei früheren schlanken iPhone-Designs auftraten – auch wenn Zacks Test bei Jerry Rig Everything zeigt, dass das Air so einiges aushält.
(Übrigens: Wenn du wie Zack viel unterwegs bist, dann wäre das vielleicht etwas für dich:)
Im Vergleich zur Vorgängerserie Plus verzichtet das Air auf einige Extras und kommt ohne den unteren Lautsprecher und eine Rückkamera aus. Wie das 16e verfügt es nur über eine einzige Rückkamera.
Im Inneren befinden sich jedoch das aktualisierte C1X-Modem, ein neuer N1 WiFi-Chip und der A19 Pro System-on-Chip, die alle im Sandwich des Logic Boards untergebracht sind. Das ist ein schlanker, effizienter Aufbau, der den begrenzten Platz optimal ausnutzt. Diese reduzierte Komplexität trägt auch zu einer schnelleren Demontage bei – weniger Funktionen, weniger Teile und weniger Fehlerquellen.

Akkulaufzeit? Geht. Akkutausch? Spitze!
Es wurde viel über die Akkulaufzeit dieses Smartphones geredet. Apple wirbt mit „ganztägiger Akkulaufzeit“, doch angesichts der fehlenden Wattstundenangabe und der Ankündigung eines Zusatzakkus waren Tech-Rezensenten weltweit kritisch. Der 12,26-Wh-Akku ist kleiner als bei früheren Modellen (z. B. iPhone 13 Pro: 11,97 Wh), und das wirft Fragen zur Langlebigkeit auf. Mehr Ladezyklen bedeuten in der Regel eine schnellere Abnutzung. Dennoch sorgen Apples Effizienztricks für eine solide Akkulaufzeit, zumindest im Moment.
Aber kein Akku hält ewig, deshalb beschäftigen wir uns nun mit dem Austausch. Und sind sehr erleichtert: Auch das Air weist alle Vorzüge der letzten iPhone-Akku-Designs auf.
Der Akku des Air ist dank des Dual-Entry-Designs von Apple leicht zu finden und über die Glasrückseite zugänglich. Ein Pluspunkt: Der Akku ist von Metall umschlossen. Diese dünne Schutzschicht macht ihn biegefest und sicherer beim Austausch. Ein weiterer Pluspunkt: Er ist mit elektrisch lösbaren Klebestreifen befestigt. Wenn du sie an eine Stromquelle anschließt, lässt sich der Akku ganz risikofrei herausnehmen, ohne dass du ihn aufhebeln musst. Der Einfachheit halber haben wir unsere tragbare FixHub-Powerstation mit 12 V verwendet, und jeder Streifen löste sich nach etwa 70 Sekunden.
Obwohl der Akku vergleichsweise klein ist, macht er 28 % des Gesamtgewichts des Handys aus, mehr als jede andere Komponente.

Auch spannend: Die Zelle ist identisch mit der des MagSafe-Akkus. Man kann sie austauschen und das Smartphone lässt sich problemlos hochfahren. Somit hast du im Prinzip ähnich wie beim Auto immer ein „Reserverad“ dabei – auch wenn dann der Wechsel doch etwas aufwändiger ist wie beim Reifen.

Ladeanschluss: Modular, aber (noch) ohne Ersatz
Wie sieht es mit anderen fehleranfälligen Teilen aus? USB-C-Anschlüsse gehören zu den häufigsten Fehlerquellen in modernen Handys. An den Anschlüssen sammelt sich oft Feuchtigkeit, was zu Korrosion führen kann, und Fussel in der Tasche kann auch niemand vermeiden. Ganz zu schweigen von den üblichen Problemen mit Anschlüssen, die durch mechanische Abnutzung verursacht werden.
Nur zum Verständnis: Wenn dein Handy nicht mehr auflädt, brauchst du nicht gleich den Anschluss austauschen. Jedes Mal, wenn du ein Ladekabel in den Anschluss steckst, werden auch Staub und Abrieb auf der Hinterseite angedrückt. Versuche also immer erst einmal, den Anschluss zu reinigen, bevor du ihn ersetzt. Meistens lohnt es sich und du kannst dir den Austausch sparen.
Wie du die Anschlüsse in elektronischen Geräten reinigen kannst
In dieser Anleitung zeigen wir dir, wie du die…
Aber wenn du ihn dann doch einmal tauschen musst, dann ist beim Air der Aufbau immerhin modular und folgt damit dem Trend der letzten iPhone-Modelle. Es ist zwar ein mühsamer Prozess mit empfindlichen Flexkabeln, Klebstoff und schwer zugänglichen Schrauben, aber es ist machbar.
Interessanterweise scheint die Entscheidung für einen modularen USB-C-Anschluss nichts mit dem Service zu tun zu haben: Apple selbst macht gar keine USB-C-Reparaturen und es werden auch keine Ladeanschlüsse als Ersatzteil verkauft. Das wird uns natürlich nicht davon abhalten, diese Ersatzteile zu verkaufen, sobald wir sie bekommen können. Und egal was letztlich zu dieser Entscheidung geführt hat, wir sind auf jeden Fall froh über das modulare Design!
Drittanbieter von Ersatzteilen werden Zeit brauchen, um mit dieser völlig neuen Architektur für das USB-C-Gehäuse mitzuhalten. Apple setzt dabei auf 3D-Druck, um das Gehäuse so zu verkleinern, dass es in den schlanken 6,5-mm-Rahmen des iPhone Air passt.
Laut Apple reduziert dieses Verfahren den Materialverbrauch um 33% im Vergleich zu herkömmlichen Schmiedeverfahren. Klar, der USB-C-Anschluss ist ohnehin schon winzig. Aber das ist nicht der einzige Einsatzbereich: Die Apple Watch Ultra 3 nutzt das gleiche Titan-Druckverfahren für ihr Gehäuse.
Wir haben uns das Titanmaterial im USB-C-Anschluss mit unserem Evident DSX2000 Mikroskop genauer angesehen.

Das Ergebnis war faszinierend: diese regelmäßigen blasenartigen Strukturen.





Wir haben Experten aus der additiven Fertigungsindustrie befragt, die bestätigten: Das ist nicht vergleichbar mit dem Metall-3D-Druck, den sie bisher kannten. Sie vermuten, dass Apple ein Binder- oder Aerosol-Jet-Verfahren verwendet und zusätzlich eine Nachbearbeitung durchführt. Das passt zu einem Binder-Jetting-Patent, das Apple 2015 mit der Übernahme von Metaio erhalten hat. Wie auch immer das genaue Verfahren aussieht, das Ergebnis ist eine wirklich beeindruckende Titanbearbeitung.
(Falls du Experte im Metall-3D-Druck bist und uns deine Meinung in den Kommentaren mitteilen möchtest – wir freuen uns auf dein Feedback!)
Wie viel hält das Air wirklich aus?
Titan mag aus der restlichen iPhone-Reihe verschwunden sein (wahrscheinlich eher aus geopolitischen als aus technischen Gründen), aber als Rückgrat dieses schlanken Smartphones ist es wieder da. Dieses robuste Metall ist eine gute Wahl, aber es ist nur so stark wie seine Schwachstellen. Bei unserem Biegetest mit leerem Rahmen ist das Air an den Antennendurchführungen aus Kunststoff zerbrochen – eine Notwendigkeit, wenn dein Smartphone ordentlich telefonieren soll. CT-Scans zeigen es deutlich: Apple hat den mittleren Bereich verstärkt, aber Ober- und Unterseite bleiben anfällig.

Im Alltag dürfte das aber kaum eine Rolle spielen, denn ein Smartphone wird in der Regel am ehesten in der Mitte durchgebogen und bisher haben die Tests keine Anzeichen für eine übermäßige Flexibilität ergeben. Wird sich dieses Design auf die Haltbarkeit des Smartphones auswirken? Wir bezweifeln, dass die Airs an den Enden brechen werden, aber das wird erst die Zeit zeigen.
Unser Fazit: 7 von 10 Punkten für die Reparierbarkeit
Mit 5,6 mm ist das Air um ein Haar dünner als das Samsung Galaxy S25 Edge, schafft es aber trotzdem, modulare Teile und einfachen Akku-Zugang zu bieten. Apples Dual-Entry-Design macht den Akkuwechsel unkompliziert und hält das schicke OLED aus der Gefahrenzone. Durch elektrisch lösbare Klebstoffe lässt sich der Akku wesentlich gleichmäßiger austauschen als bei herkömmlichen oder dehnbaren Klebstoffen, und die meisten anderen wichtigen Komponenten sind leicht zugänglich und zu entfernen. Apple hat auch seine erstklassige Architektur mit geklipsten und verschraubten Displays und Rückseiten aus Glas beibehalten, die einen schnelle Wiederzusammenbau ohne Spezialkleber ermöglicht.
Zusammen mit Apples fortgesetztem Engagement, ab dem ersten Tag Reparaturanleitungen zur Verfügung zu stellen, vergeben wir für das iPhone Air eine vorläufige Bewertung von 7 von 10 Punkten für die Reparierbarkeit. (Wir warten noch ab, ob Apple die Zusagen zur Ersatzteilverfügbarkeit einhält, sowie auf die endgültigen Ergebnisse unserer Tests zur Ersatzteilpaarung. Die bisherige Erfolgsbilanz ist aber ziemlich gut.)

Apple hat bewiesen, dass dünn nicht gleichbedeutend mit unreparierbar sein muss. Das iPhone Air ist schlanker als jedes iPhone zuvor, aber Layout und Designkompromisse machen Reparaturen zugänglicher. Es hat zwar immer noch seine Grenzen, aber das Design zeigt: Gute Technik kann selbst die dünnsten Geräte länger haltbar machen. Erfolgreich Feldtest für euer neues Foldable, Apple. Wir haben euch im Auge!
Mehr Teardowns zu Apples 2025 Lineup folgen in Kürze. Bonusrunde: Wie scharf darf ein Materialtest eigentlich werden? 🔥

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