Repair Stories

Wie repariert man Linotype-Setzmaschinen?

In unserer gelegentlichen Serie „Wie repariert man …?“ stellen wir Menschen und Berufe aus allen Bereichen der Reparaturwelt vor.

Als ich 2002 begann, als Zeitungsreporter zu arbeiten, erzählte mir mein Redakteur von einem geheimnisumwobenen Team, das in demselben Gebäude arbeitete.

Diese Männer (damals waren das alles Männer) konnten winzig kleine Zeitungstexte rückwärts und verkehrt herum lesen und schreiben, und zwar schneller, als ich richtig herum tippen konnte. Sie setzten die Nachrichten des nächsten Tages so brandheiß, dass sie Narben davontrugen. Sie arbeiteten spät in der Nacht, in einer atemberaubenden Geschwindigkeit, und duldeten keine Zeitverschwendung. Als ich dort begann zu arbeiten, waren sie inzwischen für die Reparatur der Bürodrucker und der modernen Druckerpressen zuständig, die jetzt ihre Arbeit machten. Dass sie noch Arbeit hatten, hatten sie der Gewerkschaft zu verdanken. Diese Männer, darauf bestand mein Redakteur, verdienten Respekt.

Wie die meisten Menschen, die die Blütezeit der alten Setzmaschinen nicht mehr erlebt haben, verstand ich unter „drucken“, dass man mit der Maus auf ein kleines Symbol klickt und irgendwo ein DIN A 4-Blatt ausgespuckt wird. Das änderte sich, als ich im Western New York Book Arts Center ein paar Poster druckte und in die faszinierende Welt des Buchdrucks hineingesogen wurde. Stöber mal in ein paar Setzkästen, reihe metallene Lettern aneinander, trag Druckerfarbe darauf auf – dann wird sich dir eine ganze Welt des prä-digitalen Drucks erschließen, eine Welt, die auch heute noch erhalten ist.

Blick ins Innere: Eine 3D-Animation zur Funktionsweise einer Linotype-Setzmaschine.
David SEat working on an Intertype machine
David Seat an einer Intertype-Maschine in Puyallap im Bundesstaat Washington, USA.

David Seat lebt in dieser Welt. Er arbeitet seit fünfzig Jahren mit Linotype– und Intertype-Setzmaschinen, mit Ludlows, C&P (Chandler & Price) und anderen Druckmaschinen. Gleich nach der Highschool hatte er im Printgewerbe zu arbeiten begonnen, 1974 bekam er eine Stelle bei einer Firma, die Schecks druckte. Das Unternehmen musste eine neue Generation von Technikern ausbilden, die seine Linotype-Setzmaschinen reparieren konnte. Seat und sein Kollege wurden dann auch mit allen anderen Reparaturen betraut, die so anfielen – alles von Klimaanlagen bis Toiletten. „Wir wurden immer als Erste gebeten, es uns anzuschauen. Wenn wir es dann nicht reparieren konnten und jemanden rufen mussten, blieben wir während der Reparatur dabei, sodass wir es das nächste Mal selbst machen konnten“, schreibt Seat.

Jetzt, fast fünfzig Jahre später, funktionieren die Maschinen immer noch, aber Seat ist inzwischen einer der Letzten, die jedes ihrer Teile instandhalten und reparieren können. 1995 begann er, zusammen mit seiner Frau Beth durch das ganze Land zu reisen, um die alten Maschinen zu reparieren. Zwischen 100 und 200 repariert er jedes Jahr. Viele davon stehen in Museen, aber manche verstauben seit Jahrzehnten in Kellern und Warenhäusern vor sich hin.

Die Ersatzteile, die Seat verbaut, stammen aus mehreren Abverkäufen und Geschäftsauflösungen der vergangenen Jahrzehnte. Seine Hauptquelle, eine fast 500 m2 große Fabrik in Atlanta, Georgia, kann jeden Moment abgerissen werden. Seat muss über alles Bescheid wissen, was in der Druckwelt passiert, um die alten Maschinen am Laufen zu halten.

Die wichtigsten Bestandteile einer Linotype-Setzmaschine, via Wikimedia/Paul Koning
Von oben nach unten: Elevator (Transportsystem für die Matrizen); Verteiler; Matrizen-Magazin; Magazin für Spatienkeile (Abstandshalter zwischen Wörtern); Zusammenstellung der Gusszeile; Giessrad; Schraubstock; Tastatur.

Alles an Linotype-Setzmaschinen war so konzipiert, dass es repariert werden konnte. „Diese Maschine war so gebaut, dass sie Jahrhunderte überdauern und viele Stunden in Betrieb sein konnte. Die Maschinen wurden 1886 entwickelt, und die, die gut gepflegt wurden, laufen noch heute“, schreibt Seat. Die älteste Linotype, an der er arbeitet, befindet sich in Dänemark. Baujahr 1905.

„Die häufigsten Probleme, die mir bei Linotype Maschinen begegnen, sind klemmende Tastaturen, verschmutzte Matrizen und Magazine, Fehler bei der Ausrichtung der Zeilen oder defekte Heizelemente in den Schmelztöpfen“, schreibt Seat. „Diese Sachen machen etwa 75 % aller Reparaturen aus, die ich durchführe.“ Am schwierigsten ist es, die Düse oder den Kolben des Schmelztopfes auszutauschen. Und die zeitaufwendigste Reparatur ist die Reinigung der Tastatur – das war damals nicht anders als heute! 

Weil Seat so viel unterwegs ist und weil jede Maschine aus tausenden von Einzelteilen besteht, hat er nicht immer alles da, was er für eine bestimmte Reparatur braucht. Manchmal reicht auch schlicht die Zeit nicht, um eine Reparatur abzuschließen. Das gehört für ihn zum Schlimmsten an seinem Job: „Wenn du an einer Maschine arbeitest und weißt, dass du eigentlich viele Stunden bräuchtest, um sie wieder zum Laufen zu bringen, aber nur wenige Stunden hast, um wenigstens ein paar Funktionen wiederherzustellen – und du weißt, dass so viel mehr möglich wäre.“

David Seat, mit einer C&P-Setzmaschine.

Das ständige Unterwegssein, die schwierige Beschaffung von Ersatzteilen und die begrenzten Möglichkeiten können anstrengend und frustrierend sein. Aber Seat liebt die Herausforderung, die alten Setzmaschinen und Druckerpressen wieder so instandzusetzen, dass sie funktionieren wie vor einem halben Jahrhundert, als er seinen ersten Job bei der Scheckdruckfirma bekam.

Das Schönste an seiner Arbeit? „Etwas, das 25-50 Jahre lang herumstand, wieder zum Leben zu erwecken“, schreibt Seat. „Oder wenn du eine Maschine hast, bei der nur noch ein paar Funktionen erhalten sind, und ihr wieder zu ihrer alten Leistung zu verhelfen – und wenn dann jemand sagt, so gut sei sie noch nie gelaufen. Und ich weiß natürlich, dass sie schonmal so gut gelaufen ist, aber der jetzige Besitzer hat sie noch nie so gesehen.“

„Bei jeder Reparatur, bei jeder Maschine lerne ich noch etwas dazu. Ich mache das jetzt seit über fünfzig Jahren, aber an diesen grandiosen Maschinen gibt es immer noch etwas zu entdecken.“

Dieser Artikel wurde übersetzt von Maria Parker.