Apple gibt nach
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Apple gibt nach

Es ist nichts weniger als eine Kehrtwende um hundertachtzig Grad. Apple hat etwas getan, was es noch nie getan hat und womit niemand gerechnet hätte: Apple hat offiziell seine Unterstützung für den Gesetzesentwurf zum Recht auf Reparatur von Senatorin Susan Eggman in Kalifornien verkündet. Und das nach jahrelangen Lobby-Schlachten, mit denen Apple und andere Hersteller immer wieder verhindert hatten, dass der Gesetzesentwurf umgesetzt wurde.

Was ist dieses Jahr anders?

Der diesjährige Gesetzesentwurf, bekannt als SB 244, stellt eine Verbesserung der kalifornischen Garantie-Gesetzgebung dar und ein Recht auf die Reparatur einer breiten Palette an Alltagselektronik und Haushaltsgeräten. Nach dem Gesetzesentwurf müssten Hersteller die Ersatzteile, Werkzeuge und Diagnoseinstrumente zugänglich machen, die Verbraucher:innen und unabhängige Reparaturanbieter für die Reparatur der Produkte brauchen. Dadurch entstünde mehr Wettbewerb, Reparaturen würden günstiger und damit häufiger werden, was nicht nur den Verbraucher:innen, sondern auch der Umwelt zugutekäme. 

Kyle Wiens, CEO von iFixit, sagt dazu: „Apples Unterstützung für den Gesetzesentwurf zum Recht auf Reparatur in Kalifornien ist ein Meilenstein für die Rechte von Verbraucher:innen. Die früher undurchdringliche Mauer von Reparatur-Monopolen fängt langsam an zu bröckeln, Stein für Stein.“

Das Besondere am kalifornischen Gesetzesentwurf ist, dass er weiter geht als die Gesetze, die in Minnesota und New York verabschiedet wurden: Es soll eine bestimmte Zeitspanne geben, in der Ersatzteile und Updates verfügbar sein müssen. Für Produkte, die zwischen 50 und 99,99 $ kosten, sollen Teile, Werkzeuge und Reparatur-Informationen mindestens drei Jahre lang zugänglich sein, nachdem das letzte Produkt vom Band lief. Bei Produkten, die mehr als 99,99 $ kosten, sollen es ganze sieben Jahre sein. Diese Bedingungen sollen verhindern, dass Hersteller den Support für ihre Produkte einstellen, sobald der Garantiezeitraum vorbei ist.

Ein weiterer Unterschied liegt in der Art der Durchsetzung. Anstatt die Durchsetzung des Gesetzes dem obersten Staatsanwalt des Bundesstaates zu überlassen, soll es nach SB 244 möglich sein, dass eine Stadt, ein Kreis oder der Bundestaat Anklage erhebt. Die Finanzierung solcher Fälle soll durch die Geldstrafen derer erfolgen, die gegen das Gesetz verstoßen: 1000 $ pro Tag beim ersten Verstoß, 2000 $ pro Tag beim zweiten, und 5000 $ pro Tag beim dritten und bei allen folgenden Verstößen.

Auch bevor Apple seine Unterstützung bekanntgab, war SB 244 weiter gekommen, als jeder frühere Gesetzesentwurf zum Recht auf Reparatur in Kalifornien. Senatorin Eggman arbeitet seit 2018 zu diesem Thema und hat unter anderem Gesetzesentwürfe zu Alltags-Elektronik, medizinischen Geräten und Haushaltsgeräten eingereicht. Keiner dieser Entwürfe hat es von der einen legislativen Kammer in die andere geschafft. SB 244 jedoch erhielt die Unterstützung der Redaktion der Los Angeles Times, des Los Angeles County Board of Supervisors und der Vertretung der Schulen in Los Angeles. Und er passierte mit 38-0 Stimmen den Senat und wurde ohne Gegenstimmen von der Generalversammlung angenommen.

Der Gesetzesentwurf wird aktuell in der California State Assembly (Staatsversammlung von Kalifornien) gelesen. Dies ist die letzte Prüfung, die er bestehen muss, bevor er vom Gouverneur unterzeichnet und in Kraft gesetzt wird. Anders als in New York kann der Gouverneur von Kalifornien keine größeren Änderungen am Gesetzesentwurf mehr vornehmen, sobald er von der Staatsversammlung beschlossen wurde.

Apples Umschwung

Apples Unterstützung ist ein entscheidender Sieg für die Nachhaltigkeit und für die Rechte von Verbraucher:innen. Sie bereitet den Weg für einen faireren Wettbewerb unter Reparaturanbietern, sodass Verbraucher:innen freier wählen können, wo sie ihre elektronischen Geräte reparieren lassen wollen.

Senatorin Eggman (Mitte, in Grün), CALPIRG-Direktorin Jenn Engstrom (rechts) und Liv Butler von Californians Against Waste (Kalifornier:innen gegen Müll) stehen hinter einem Hügel, der so groß ist wie die Menge an Elektroschrott, die in Kalifornien alle 5 Sekunden anfällt.

Apple hat viel Erfahrung darin, solche Gesetzesentwürfe zu bekämpfen. In Nebraska ging der Konzern sogar so weit zu sagen, der Bundesstaat würde zu einem „Mekka für Hacker“ werden, wenn Gesetze zum Recht auf Reparatur verabschiedet würden.
Dadurch werden Reparaturen nicht nur günstiger, sondern auch normaler: Verbraucher:innen werden ermutigt, ihre Geräte zu reparieren, anstatt sie zu ersetzen. So entsteht weniger Elektroschrott, und das wäre gut – denn im Moment entstehen in Kalifornien jede Sekunde 27 Kilo Elektroschrott.

Die iFixit-Beauftragte für Nachhaltigkeit, Liz Chamberlain, sagte: „Es geht nicht nur darum, Ersatzteile und Werkzeuge für Reparaturen zur Verfügung zu stellen. Es geht auch darum, Verbraucher:innen die Möglichkeit zu geben, umweltfreundliche Entscheidungen zu treffen. Das Recht auf Reparatur nimmt immer mehr Fahrt auf, auch wenn manche Hersteller das ignorieren wollen. Es ist Zeit, dass Apple der Realität ins Auge sieht.“

Das Recht auf Reparatur ist nicht aufzuhalten

In den letzten anderthalb Jahren wurden in drei US-Bundesstaaten Gesetze zum Recht auf Reparatur erlassen: In New York ging es um Alltags-Elektronik, in Minnesota um Elektronik- und Haushaltsgeräte, und in Colorado gab es sogar zwei – zu elektrischen Rollstühlen und zu landwirtschaftlichen Geräten.

In der EU wird währenddessen an einer Erweiterung der Ökodesign-Richtlinie gearbeitet, die 2019 verabschiedet wurde und aktuell nur für Haushaltsgeräte gilt. Bald sollen nun auch Smartphones und Tablets bestimmten Designanforderungen entsprechen müssen. Ein anderer Gesetzesentwurf sieht vor, dass Akkus in einer ganzen Reihe von Produkten durch Verbraucher:innen selbst austauschbar sind. Dies soll 2027 in Kraft treten.

Diesen Entwicklungen können sich die Hersteller einfach nicht länger entgegenstellen – wie man an Apples Unterstützung für den kalifornischen Gesetzesentwurf sieht.

Wie geht es weiter?

Auch wenn Apples 180°-Wende ein bedeutender Sieg für die Right-to-Repair-Bewegung ist, ist längst noch nicht alles im grünen Bereich. Herausforderungen bestehen nach wie vor, wie die Teilekopplung oder die Verfügbarkeit von Kalibrierungstools.

Und wie schon bei den Gesetzen in Minnesota und New York gibt es auch beim kalifornischen Gesetzesentwurf eine Ausnahme: Spielekonsolen werden nicht abgedeckt – die mächtige Videospiel-Lobby hat sich durchgesetzt.

Es bleibt also noch genug zu tun, ob in Kalifornien, in Brüssel oder anderswo!

Werde aktiv

Falls du zufällig in Kalifornien wohnst, kannst auch du dich für den Gesetzesentwurf SB 244 einsetzen. Gib einfach deine Postleitzahl auf california.repair.org ein, um deine politischen Vertreter:innen zu finden. In der EU kannst du dich auf www.repair.eu informieren, in Deutschland beim Runden Tisch Reparatur.

Es ist eine aufregende Zeit für alle, die an das Recht auf Reparatur glauben. Mit jedem Gesetz, jeder Initiative geht es voran! Sag es allen weiter: Die Zukunft ist reparierbar – wenn wir sie reparierbar machen.

Dieser Artikel wurde übersetzt von Maria Parker.