Die EU führt einheitliche Standards für Ladekabel ein
Tech-News

Die EU führt einheitliche Standards für Ladekabel ein

Herstellerspezifische Ladeanschlüsse werden bald der Vergangenheit angehören

Die Neuregelung, die einheitliche Ladeanschlüsse für elektronische Geräte wie Smartphones vorschreibt, ist ein großer Erfolg für den Umweltschutz und für Verbraucher:innen.

Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von unseren Mitstreiter:innen beim Fight to Repair blog.

Das EU-Parlament macht USB-C-Ladekabel zum neuen Standard

Wühlst du auch täglich in deinen Schubladen herum, um das passende Ladekabel für irgendein Gerät zu finden, dessen Anschluss man nur mithilfe einer Lupe identifizieren kann? Bald ist Schluss damit: Ab Herbst 2024 müssen Handys, Tablets, Kameras und andere elektronische Geräte mit einem USB-C-Anschluss zum Laden ausgestattet sein. Das hat das EU-Parlament diesen Monat beschlossen. 

In seiner Stellungnahme vom 7. Juni heißt es, das Parlament habe eine provisorische Einigung erzielt, um den Ladeanschluss für bestimmte elektronische Geräte zu vereinheitlichen. Das neue Gesetz ist Teil einer größer angelegten Offensive für mehr Nachhaltigkeit, weniger Elektroschrott und bedienungsfreundlichere Produkte, sagte das Parlament. 

Kabelsalat ade

Mit den neuen Regeln werden Verbraucher:innen „nicht mehr jedes Mal ein anderes Ladegerät und -kabel benötigen, wenn sie ein neues Gerät kaufen, sondern können ein einziges Ladegerät für all ihre kleinen und mittelgroßen mobilen elektronischen Geräte verwenden.“ Fünfzehn Gerätetypen sind von der Regel betroffen, unter anderem Mobiltelefone; Tablets; E-Reader; kabellose Kopfhörer, Headsets und Ohrstöpsel; tragbare Videospielkonsolen; und tragbare Lautsprecher, die mit einem Kabel wiederaufgeladen werden können. Egal von welcher Marke, alle werden mit einem USB-C-Ladeanschluss ausgestattet werden müssen. Vierzig Monate, nachdem das Gesetz in Kraft tritt, soll eine ähnliche Regelung für Laptops eingeführt werden, deutete das Parlament an.

Auch die Ladegeschwindigkeit wird für Geräte, die man schnellaufladen kann, vereinheitlicht; demnach sollen alle Geräte mit derselben Geschwindigkeit aufgeladen werden können, unabhängig davon, welches Ladegerät man verwendet.

Zehn Jahre Arbeit für die Nachhaltigkeit

Die neuen Regelungen sind das Ergebnis jahrelanger Bemühungen. Die EU-Kommission versucht seit geraumer Zeit, die „Fragmentierung“ des Markts für Ladeanschlüsse und -protokolle anzugehen. Mit einigen Herstellern konnten zwar Absprachen getroffen werden, um bestimmte Protokolle zu standardisieren – viele Unternehmen (unter anderem Apple) wollten ihre herstellerspezifischen und herstellergebundenen Anschlüsse für Smartphones aber nicht aufgeben. Wie ein Artikel auf treehugger.com feststellt, ist das neue Gesetz Teil des Europäischen Green Deals, mit dem der Entwicklungsprozess neuer Produkte reformiert und die Kreislaufwirtschaft gefördert werden soll. Dazu gehört auch ein Recht auf Reparatur. Die Vereinheitlichung herstellergebundener Ladeanschlüsse wird Verbraucher:innen nach Schätzungen des EU-Parlaments jährlich 250 Millionen Euro sparen, die sonst für „unnötige Ladegeräte ausgegeben“ werden würden. Die Neuregelung ist außerdem gut für die Umwelt: Weggeworfene und ungenutzte Ladegeräte bringen es Schätzungen zufolge auf jährlich 11 000 Tonnen Elektroschrott und 180 Tonnen Treibhausgas-Emissionen, die nun eingespart werden können.

Profit durch Elektroschrott

Apple – bekannt dafür, öfters neue Ladeanschlüsse einzuführen, unter anderem seinen proprietären Lightning-Adapter – hatte das Gesetz vehement bekämpft und sagte, es habe „Sorge, dass die Regeln zur Vereinheitlichung des Ladeanschlusses für alle Geräte auf dem Markt europäischen Verbraucher:innen schaden wird, weil dadurch die Einführung wegweisender Innovationen in Ladestandards verlangsamt wird, darunter auch solche, die mit Sicherheit und Energieeffizienz zusammenhängen.“

Das Gesetz wird einen direkten Einfluss auf Apples Gewinnmarge haben, jedenfalls kurzfristig. Wie in diesem Artikel in Bloomberg beschrieben wird, verdient Apple Millionen mit den Lizenzen für seine herstellerspezifische Adaptertechnologie, die es an Hersteller von Zubehör für iPhones und iPads verkauft. Es wird vermutet, dass die Gewinne durch den Verkauf von Lizenzen auch andere Designentscheidungen Apples beeinflussen, zum Beispiel, als iPhones nicht mehr mit normalen 3,5 mm Kopfhöreranschlüssen geliefert wurden, sodass Verbraucher:innen gezwungen waren, die kabellosen (und nicht reparierbaren) Bluetooth AirPods zu kaufen oder Kopfhörer, die mit dem (herstellergebundenen) Lightning-Adapter verwendet werden können. 

Standardisierung sollte die Regel sein

Aber persönliche Geräte wie Smartphones und Tablets sind nicht die einzigen Produkte, bei denen Hersteller spezielle Anschlüsse und Protokolle verwenden, um Verbraucher:innen zu weiteren Käufen zu bewegen und satte Gewinne zu machen. Wie Kyle Wiens, Gründer und Geschäftsführer von iFixit, in diesem Interview für den Fight to Repair-Newsletter sagt, ist das auch ein großes Thema in der Kfz-Branche, wo viele Features nicht standardisiert sind – das betrifft auch sicherheitsrelevante Funktionen wie Unfallvermeidung oder Spurassistenz. 

Wiens stellt fest, dass beispielsweise die Software, die verwendet wird, um Kameras zur Unfallvermeidung zu kalibrieren (z. B. nach dem Austausch der Windschutzscheibe), sich von Hersteller zu Hersteller komplett unterscheidet. Das macht es unabhängigen Firmen, die den Austausch von Autoscheiben anbieten, unmöglich, diese Reparatur durchzuführen – ganz zu schweigen von der kleinen Werkstatt um die Ecke. „All diese Dinge müssten standardisiert und modularisiert werden. Wir sind auf dem Weg in eine neue, computerisierte Zukunft – aber die Standardisierung, die wir dafür bräuchten, sehen wir einfach noch nicht“, sagt er.

Dieser Artikel wurde übersetzt von Maria Parker.