Wie Smartphone-Akkus Feuer fangen – und wie man das verhindert
Technik erklärt

Wie Smartphone-Akkus Feuer fangen – und wie man das verhindert

Lithium-Ionen-Polymer-Akkus, auch bekannt als Lithium-Polymer-Akkus oder LiPo-Akkus, sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken: Die kleinen Energiebündel versorgen unsere Smartphones, Laptops, Tablets und andere Geräte mit Strom – so ziemlich jedes mobile elektronische Gerät, das eine gleichbleibend hohe Energiezufuhr braucht, ist mit einem LiPo-Akku ausgestattet. (Geräte, die zeitweise auch sehr hohe Strommengen benötigen, wie E-Bikes oder Akkuschrauber, enthalten meistens Lithium-Ionen-Akkus mit festem Gehäuse, die etwas anders funktionieren als LiPo-Akkus.) LiPo-Akkus können sehr viel Energie auf kleinem Raum speichern, und unter normalen Bedingungen sind sie völlig sicher in der Handhabung.

Zwei LiPo-Akkus gehen in eine Bar. Es kommt zu einer Prügelei, und beide werden verletzt. Ein Akku fängt Feuer – den anderen lässt das kalt.

Geschichten von explodierenden Akkus machen allerdings immer wieder die Runde, obwohl solche extremen Reaktionen relativ selten vorkommen. Aber was passiert eigentlich wirklich, wenn dir bei der Reparatur deines Handys der Schraubendreher ausrutscht und den Akku beschädigt? Explodiert er, fängt er an zu rauchen, setzt er gefährliche Gase frei? Auf jeden Fall passiert etwas Gefährliches – oder etwa nicht?

Wir sind in die Spuren der Mythbusters getreten, um herauszufinden, wie explosiv LiPo-Akkus tatsächlich sind und was du tun kannst, wenn du es wirklich mal mit einem beschädigten Akku zu tun hast. Dafür mussten wir ein paar Akkus auseinandernehmen und ein paar andere durchstechen – natürlich strikt im Sinne wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns.

Die Anatomie eines LiPo-Akkus

Ein LiPo-Akku hat gewisse Ähnlichkeiten mit Baklava: Mehrere Schichten aus ultradünnem Metall, Plastik und Mischungen diverser Chemikalien werden in einem langen Rechteck aufeinandergelegt. Dieses wird, an einem Ende angefangen, gefaltet, bis ein kleines Rechteck entstanden ist, das in einen Folienbeutel gepackt wird. Statt mit Zuckersirup wird der Folienbeutel mit einem polymer-basierten Elektrolyt aufgefüllt (daher der Name der Akkus) und versiegelt. So entsteht eine einzige Akkuzelle; mehrere Zellen werden dann miteinander verbunden, um größere Akkus herzustellen. Wenn du dir diesen Prozess genauer anschauen willst, schau dir mal dieses Video aus einer iPhone-Akku-Produktion an.

Die drei Schichten, auf die es ankommt, sind die Kathode (+), die Anode (-) und die Isolierschicht dazwischen.

Von links nach rechts: Kathode (+), Isolierschicht, Anode (-).

Die Kathode (+) ist ein dünnes Blatt aus beschichtetem Aluminium. Die Beschichtung verleiht dem Aluminium verschiedene Eigenschaften hinsichtlich Lade- und Entladeverhalten, Kapazität und Ladezyklen und besteht aus Lithiumverbindungen wie Lithium-Magnesium-Oxid (LMO) oder Lithium-Kobalt-Oxid (LCO). Lithium ist ein Metall mit geringer Dichte und unverzichtbar für einen funktionierenden Akku.

Die flexible Isolierschicht trennt Kathode und Anode, sodass sie sich nicht berühren können – das würde einen Kurzschluss verursachen. Für Lithium-Ionen ist die Schicht allerdings durchlässig.

Die Anode (-) ist ein dünnes Blatt aus Kupfer, das mit einem kohlenstoffhaltigen Material beschichtet ist, üblicherweise mit einer Art Graphit.

All diese Schichten werden mit einem gelartigen Elektrolyt getränkt, was den Lithium-Ionen ein Medium gibt, in dem sie sich bewegen können. Wenn die Ionen sich nicht bewegen könnten, könnte auch kein Strom fließen. Das Elektrolyt besteht aus einer Mischung aus Lithium, Lösungsmitteln und anderen Zusätzen; die Menge an Elektrolyt hat einen großen Einfluss darauf, wie viel Energie der LiPo-Akku speichern kann. Die genaue Zusammensetzung des Elektrolyts variiert je nach Hersteller und ist ein gut gehütetes Geheimnis. 

Das eigentliche Elektrolyt kann man nicht gut sehen, deshalb haben wir zur Veranschaulichung Zahnpasta genommen.

Nicht das Lithium ist die gefährliche Zutat

Wenn ein LiPo-Akku sich entzündet, liegt das nicht daran, dass das Lithium mit Luftfeuchtigkeit in Kontakt kommt. Wiederaufladbare Lithium-Ionen-Akkus enthalten nur sehr geringe Mengen metallischen Lithiums, die nicht ausreichen, um sich zu entzünden. (Anders sieht das bei nicht-wiederaufladbaren Lithium-Batterien aus, die deutlich mehr metallisches Lithium enthalten und sich bei Kontakt mit Feuchtigkeit durchaus entzünden können.) Die entzündliche Zutat in LiPo-Akkus sind viel mehr die Lösungsmittel, die im Elektrolyt enthalten sind.

Normalerweise ist das Elektrolyt gut vor dem Kontakt mit Materialien geschützt, mit denen es so reagieren kann, dass es sich entzündet. Wenn aber spitze Gegenstände im Spiel sind, kann sich das schnell ändern. Schauen wir uns mal an, was passiert, wenn man einen LiPo-Akku ansticht. 

Thermisches Durchgehen in Zeitlupe

Wenn man einen LiPo-Akku ansticht, werden die Isolierschichten durchstoßen, sodass ein lokaler Kurzschluss entsteht. Die gesamte vom Akku gespeicherte elektrische Energie will durch diesen Kurzschluss, was dazu führt, dass die betroffene Stelle sich sehr schnell sehr stark erhitzt – ganz so wie ein Zigarettenanzünder im Auto. Durch die Hitze verdampft das Elektrolyt an dieser Stelle und wird zu CO2, gemischt mit sehr instabilen Lösungsmitteln. Wenn dieses Gas – das ebenfalls erhitzt wird – seinen Flammpunkt erreicht, entzündet es sich. Die Hitze des entstehenden Feuers lässt noch mehr Elektrolyt verdampfen, sodass eine Kettenreaktion entsteht, die man Thermisches Durchgehen nennt. Und da hast du deinen Akku-Brand!

Leicht angekokelt … 

Als wir beispielsweise einen voll geladenen iPhone 12 Pro Max Akku angestochen haben, ist er sofort angeschwollen und glühte wie ein heißes Croissant aus Metall. Rauch und Gas zischten aus den Seiten hervor und schon entzündeten sich die Gase: 

Wenn das Thermische Durchgehen einmal begonnen hat, ist es sehr schwierig, es noch aufzuhalten. Dafür muss man die Reaktion auf eine Temperatur runterkühlen, bei der das Elektrolyt nicht mehr selbst Brennstoff und Hitze erzeugen kann. Eine Möglichkeit ist deshalb, große Mengen Wasser auf den Akku-Brand zu schütten – oder man wartet einfach, bis sich der Brand von selbst legt, wie in diesem Notfall-Handbuch von Tesla beschrieben wird.

Die magische Zahl ist 25 (%)

Weil es so schwierig ist, einen LiPo-Akku-Brand zu löschen, sollte man verhindern, dass er überhaupt erst entsteht. Man kann das Risiko einer thermischen Reaktion drastisch verringern, einfach, indem man den Akku auf unter 25 % entlädt. Wenn weniger Energie im Akku gespeichert ist, ist es viel schwieriger, die nötige Hitze für die Entzündung des Elektrolyts zu erzeugen, selbst wenn es einen Kurzschluss gibt. Wenn man einen Akku ansticht, der nur zu 25 % oder weniger geladen ist, fängt er vielleicht an zu rauchen, sprüht ein paar Funken und wird möglicherweise sehr heiß, aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass er sich tatsächlich entzündet und eine thermische Kettenreaktion ausgelöst wird.

Das haben wir selbst getestet: Wir haben einen zu 25 % geladenen iPhone 12 Pro Max Akku mehrmals angestochen. Der Akku wurde um die 120°C heiß und spuckte etwas Rauch und Funken aus, aber das war’s dann auch.

Deshalb gibt es in unseren Reparaturanleitungen immer einen Hinweis, den Akku auf unter 25 % zu entladen. Wir wollen natürlich, dass deine Reparatur so ungefährlich ist wie möglich, und den Akku zu entladen macht einen großen Unterschied. Nimm dir auf jeden Fall die Zeit, diese Vorsichtsmaßnahme umzusetzen!

Entlade deinen Akku aus Sicherheitsgründen auf unter 25 %, bevor du dein Gerät auseinanderbaust. Falls der Akku während der Reparatur versehentlich beschädigt wird, ist so das Risiko geringer, dass er sich entzündet oder explodiert. Falls dein Akku aufgebläht ist, musst du entsprechende Vorsichtsmaßnahmen treffen

Die übliche Warnung in einer iFixit-Reparaturanleitung

Allerdings solltest du beachten, dass nur kleinere LiPo-Akkus durch eine Entladung sicherer werden – wie diejenigen, die man in Smartphones und Laptops findet (Laptops haben zwar größere Akkus, die aber aus einzelnen kleinen LiPo-Zellen bestehen). Tablets, wie zum Beispiel das 12,9“ iPad Pro, enthalten zwei große LiPo-Zellen. Selbst wenn solche großen LiPo-Akkus auf 25 % entladen sind, können sie noch genug Energie gespeichert haben, um sich zu entzünden. Wenn du mit größeren LiPo-Akkus arbeitest, solltest du sie vorher auf 0 % entladen, um dich und deine Umgebung zu schützen. Keine Sorge – wenn der Akku nur für kurze Zeit komplett entladen ist, wird er dadurch nicht beschädigt.

Bei den meisten modernen Geräten ist es außerdem so, dass die enthaltenen Lithium-Ionen-Akkus nicht wirklich vollständig entladen sind, wenn sie einen Akkustand von 0 % anzeigen. Wenn der Akkustand unter einen bestimmten Wert rutscht – normalerweise etwa 3,3 Volt – trennt das BMS (Battery Management System) den Akku ab, sodass etwa 10-15 % Ladung verbleiben und der Akku nicht nachhaltig beschädigt wird. Wenn das passiert, solltest du dein Gerät allerdings nicht allzu lange bei 0 % lassen, sonst riskierst du, dass der Akku sich weiter entlädt und dann doch dauerhafte Schäden davonträgt.

Hilfe! Ich habe meinen Akku beschädigt!

Wenn du deinen LiPo-Akku während einer Reparatur beschädigst, keine Panik! Eine Explosion gibt es nur in den seltensten Fällen. Allerdings können extrem heiße Gase oder auch kleine Splitter ausgespuckt werden, was zu schweren Verbrennungen führen kann. Den Rauch einzuatmen ist ungesund, aber nur sehr selten wirklich gefährlich.

Wenn du nach der Beschädigung nicht sofort eine Reaktion erkennen kannst (weil du den Akku vorher entladen und nur leicht beschädigt hast), beobachte den Akku fünf Minuten lang. Wenn er sich dann noch nicht erwärmt hat, kannst du an deinem Gerät weiterarbeiten – den Akku darfst du aber keinesfalls weiter verwenden. Auch wenn du die äußerste Hülle nicht beschädigt hast, kann es sein, dass Schäden im Inneren entstanden sind und der Akku ein Sicherheitsrisiko darstellt.

Wenn der Akku sich erwärmt hat, leg ihn auf eine feuerfeste Unterlage und warte einen Tag ab, sodass der Akku sich vollständig entladen kann. Dass er entladen ist, erkennst du daran, dass er kühl ist und keinen Mucks von sich gibt. Entsorge den Akku dann sachgerecht und verwende ihn auf gar keinen Fall wieder.

Sollte sich eine thermische Kettenreaktion entwickeln, behandle den Brand wie ein Feuer der Brandklasse B (es sind hauptsächlich die verdampften Lösungsmittel, die das Feuer nähren). Nimm ein brandsicheres Werkzeug, wie einen metallenen Spatel, um dein Gerät auf eine feuerfeste Unterlage zu schieben, zum Beispiel auf ein metallenes Backblech. Wenn möglich, bring dein Gerät nach draußen an einen sicheren Ort, wo der Akku gefahrlos ausbrennen kann.

Wenn du das Gerät nicht nach draußen bringen kannst, kannst du den Brand mit Sand bedecken, die Reaktion mit einem Feuerlöscher (Schaum, ABC oder CO2) herunterkühlen, eine große Menge Wasser darüberschütten oder ihn mit einem feuerfesten Behälter abdecken. Auch wenn du es schaffst, den Brand zu löschen, wird der Akku weiter vor sich hin schwelen wie eine glühende Kohle. Beobachte ihn, bis er völlig abgekühlt ist und nichts mehr von sich gibt. Sobald das der Fall ist, entsorge die Reste sachgerecht.

Bonus: Akku-Brand-Wallpapers

Dafür, dass du diesen Artikel ganz durchgelesen hast, belohnen wir dich mit einem Wallpaper der besonderen Art: Es zeigt das verkokelte Innere eines iPhone 12 Pro Max nach einem Akku-Brand. Um es dir als Hintergrund oder Sperrbildschirm einzurichten, klicke auf das Wallpaper, sodass es in voller Auflösung erscheint, speichere es als Bild und richte es über die Einstellungen deines Smartphones ein.

Wallpaper iPhone 12 Pro Max mit geschmolzenem Innenleben

Wallpaper iPhone 12 Pro Max mit geschmolzenem Innenleben (Dark Mode)

Ich wünsche dir, dass du so etwas nie in echt sehen musst! Ergreife immer geeignete Vorsichtsmaßnahmen, wenn du mit Akkus arbeitest, und denk dran: Nur du kannst Akku-Brände bei deinen Reparaturen verhindern.

Dieser Artikel wurde übersetzt von Maria Parker.