Wie die iFixit Reparierbarkeits-Bewertungen zustande kommen
Recht auf Reparatur

Wie die iFixit Reparierbarkeits-Bewertungen zustande kommen

Was ist eine Reparierbarkeits-Bewertung und wie wird sie berechnet?

Alle wollen, dass ihr Lieblings-Smartphone oder -Laptop eine tolle Reparierbarkeits-Bewertung bekommt. Und das wollen wir auch! Aber leider liegt das nicht in unserer Hand.

Moment mal – sicher liegt das in unserer Hand! Bei iFixit nehmen wir schon seit zwei Jahrzehnten alle möglichen Geräte auseinander und können also unseren Senf dazugeben, wenn es um die Frage geht, was ein Gerät leicht oder schwer zu reparieren macht. Die iFixit Reparierbarkeits-Bewertung, die zuerst 2011 eingeführt wurde, reflektiert diese Erfahrung.

Oft haben wir angedeutet, was sich alles auf die Reparierbarkeits-Bewertung auswirkt: Modulare Komponenten sind gut, viel Klebstoff ist schlecht, und so weiter. Aber wie du dir vielleicht gedacht hast, ist es ein weiter Weg durch einen transdimensionalen Hyperspace-Service-Tunnel von diesen Beobachtungen bis zur Zahl auf dem Bewertungsmaßstab.

Also schnall dich an und halt deine Propeller-Mütze fest, denn heute reisen wir durch den gesamten Tunnel – von Anfang bis Ende. Wir schauen uns an, wie iFixit Reparierbarkeits-Bewertungen genau entstehen.

Was bedeutet „reparierbar“?

Kritische Komponenten: Wie traurig bist du, wenn das kaputt geht? Und Wie oft geht das kaputt? (Da fällt dir bestimmt was ein …)

Bevor wir etwas bewerten, müssen wir es zunächst definieren. Unsere Arbeitsdefinition eines höchst reparierbaren Geräts ist folgende:

  1. Das Gerät lässt sich leicht auseinandernehmen und wieder zusammenbauen, ohne dabei etwas zu zerstören oder etwas unwiderruflich zu verändern.
  2. Für häufig durchgeführte Reparaturen werden nur günstige, leicht erhältliche Werkzeuge benötigt.
  3. Die Priorität des Designs liegt auf dem Zugang zu kritischen Bauteilen – jenen, die besonders wichtig für die Funktionalität des Geräts sind oder die leicht kaputtgehen.

Wenn diese drei Kriterien erfüllt sind, ist das eine gute Voraussetzung für eine gelungene Reparatur. Aber die meisten Leute brauchen auch Anleitungen und Zugang zu Ersatzteilen, idealerweise bereitgestellt vom OEM-Hersteller selbst. Zusammen bilden diese fünf Aspekte ein solides Fundament für Reparatur – die Bedingungen, die nötig sind, damit Reparaturen möglich sind und durchgeführt werden.

Aber ein solches Fundament zu schaffen ist leichter gesagt als getan. iFixit entstand, weil es die Hersteller über viele Jahre lang nicht schafften – oder sich schlicht weigerten – Kund:innen die Anleitungen und Ersatzteile zugänglich zu machen, die sie brauchten, um ihre Geräte am Laufen zu halten. Deshalb haben wir Wege gefunden, wie wir sie auch ohne die Kooperation von Herstellern verfügbar machen konnten, oder diese Aufgabe für sie übernehmen konnten. (Glücklicherweise gibt es inzwischen mit vielen Herstellern eine gute Zusammenarbeit.)

Und das ist auch noch immer das Herzstück der iFixit Reparatur-Philosophie: Damit ein Gerät wirklich reparierbar ist, muss es von allen repariert werden können – nicht nur vom Hersteller oder seinen autorisierten Techniker:innen. Fast alles ist reparierbar, wenn man es in ein professionelles Reparaturzentrum schicken kann, wo gut ausgebildete Techniker:innen, teure spezialisierte Werkzeuge und vollumfängliche Informationen des Herstellers zur Verfügung stehen. Es ist zwar nett, diese Möglichkeit zu haben, aber das hilft einem nicht, wenn es schnell gehen muss. Oder wenn du weitab auf dem Lande wohnst oder während einer Pandemie zuhause festsitzt. Vielleicht hast du auch Bedenken, was Sicherheit oder Datenschutz angeht, oder kannst dir die Hersteller-Reparatur schlicht nicht leisten. Oder der Hersteller unterstützt dein Gerät nicht länger. Ein Smartphone kann man zwar leichter mit der Post verschicken als einen Traktor, aber das Prinzip ist dasselbe – es sollte möglich sein, dein Gerät selbst zu reparieren, dort, wo du es brauchst.

Warum Reparierbarkeits-Bewertungen wichtig sind

Reparatur spart Geld, sie hilft, unsere endlichen Ressourcen zu schonen und ist besser als Recycling. Die Idee ist einfach genug, um auf ein Poster zu passen, aber die Implikationen sind weitreichend.

Denn Reparierbarkeit zu messen und zu bewerten, ist nicht ganz so einfach. Die meisten Kund:innen haben selbst nicht die Möglichkeit, die Reparierbarkeit eines Produkts einzuschätzen, bevor sie es kaufen. Dafür sind die iFixit Reparierbarkeits-Bewertungen da: um dir zu helfen, eine gute Kaufentscheidung zu treffen.

Was die Bewertungen bedeuten

Jedes Gerät wird auf einer Skala von 1 bis 10 bewertet, um seine Reparierbarkeit insgesamt zu reflektieren:

  • 10/10 = Klassenbeste. Ein sehr gut reparierbares Gerät, passende  Anleitungen und Ersatzteile sind erhältlich. So etwas sehen wir gern.
  • 5/10 oder höher ist eine respektable Bewertung. Wir versuchen, unseren Bewertungsmaßstab so zu kalibrieren, dass 5/10 der Kipppunkt ist: Alles darüber steht für „das kannst du wahrscheinlich selbst reparieren“, alles darunter bedeutet „ruf lieber eine Werkstatt an“. Ein Gerät mit 4/10 kannst du vielleicht noch selbst reparieren, aber es ist schwieriger, als eigentlich nötig wäre.
  • 1/10 = Am schwierigsten zu reparieren (aber nicht unbedingt unmöglich). In praktischer oder finanzieller Hinsicht lohnen sich die meisten Reparaturen eher nicht.
  • 0/10 bedeutet üblicherweise, dass das Gerät beim Auseinandernehmen unweigerlich zerstört wird. Gib die Hoffnung lieber gleich auf – du wirst eher noch mehr kaputtmachen als etwas reparieren.

Die Bewertungen im Detail

Um eine Bewertung zu berechnen, müssen unsere Teardown-Techniker:innen ein Gerät komplett auseinandernehmen und die Ergebnisse festhalten, anhand eines Schemas, in dem jede Handlung, jedes Werkzeug und jedes Hindernis dokumentiert wird. In dieser einen Zahl steckt also eine Menge Arbeit – schauen wir sie uns genauer an.

Unsere Bewertung setzt sich aus drei Aspekten zusammen: der Verfügbarkeit von Reparaturanleitungen, der Verfügbarkeit von Ersatzteilen und dem Design des Produkts an sich – auch genannt Design für Reparierbarkeit. Diese Punkte schauen wir uns jetzt genauer an, und wir fangen beim einfachsten an.

Reparaturanleitungen

Zehn Prozent der Bewertung – also einer von zehn Punkten insgesamt – ist für die Reparaturanleitungen des Herstellers reserviert. Für eine erfolgreiche Reparatur braucht man eine Anleitung, und diese sollte von dem Team erstellt werden, das das Gerät herstellt und es am besten kennt – oder sie sollte zumindest vom Hersteller unterstützt werden.

Auch wenn die Versuchung groß ist, die Qualität von Reparaturanleitungen zu bewerten, berücksichtigt unser Bewertungsmaßstab nur, ob die Reparaturanleitungen vollständig sind. Wir wollen vermeiden, dass Hersteller ihre Anleitungen nur dann herausgeben, wenn sie sie für perfekt halten.

Die erste Bedingung ist also, dass die Hersteller überhaupt etwas verfügbar machen. Um überhaupt irgendwelche Punkte in diesem Bereich zu bekommen, müssen die Reparaturanleitungen für ein Gerät der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, und zwar kostenlos – entweder auf der Seite des Herstellers selbst, oder auf einer Seite, die auf der Website des Herstellers an prominenter Stelle verlinkt ist. Die Anleitungen dürfen nicht versteckt oder hinter einer Paywall verborgen sein, und man muss sie lesen können, ohne sich registrieren zu müssen. Wenn der Hersteller einen Dritten damit beauftragt hat, die Anleitungen zu schreiben, ist das in Ordnung – aber sie sollten leicht zu finden und vom Hersteller abgesegnet sein.

Abgesehen davon, dass solche Anleitungen überhaupt existieren, müssen sie noch die traditionellen Merkmale eines Wartungshandbuchs erfüllen, um die volle Punktzahl zu erhalten:

  • Anleitungen zum Austausch aller kritischen Komponenten
  • Eine Liste nötiger Werkzeuge
  • Eine Auflistung der nötigen Ersatzteile mit Teilenummern (oder anderen Möglichkeiten, ihre Kompatibilität mit einem Gerät zu überprüfen)
  • Ein Explosionsdiagramm, um das Wiedererkennen der Ersatzteile zu erleichtern
  • Verfahren für die Fehlersuche
  • Schaltpläne (Diagramme der Leiterplatten)

Jedes dieser Merkmale trägt einen bestimmten Teil zur Gesamtbewertung in diesem Bereich bei, und wir vergeben auch dann Teilpunkte, wenn einige Merkmale fehlen. Aber insgesamt kommen diese Elemente auf einen ganzen Punkt auf unserem Bewertungsmaßstab. In anderen Worten, wenn keine kostenlosen Reparaturanleitungen öffentlich zur Verfügung stehen, kann ein Gerät maximal 9/10 Punkte auf dem iFixit Reparierbarkeits-Index erhalten.

Ersatzteile

Auch schwierige Reparaturen können sich lohnen – jedenfalls, wenn du das richtige Ersatzteil hast.

Weitere zehn Prozent der Gesamtbewertung werden für die Verfügbarkeit von Ersatzteilen des OEM-Herstellers vergeben.

Wie bei den Reparaturanleitungen geht es darum, dass Ersatzteile vom Hersteller selbst angeboten werden (oder von einem Drittanbieter, der vom Hersteller ausdrücklich empfohlen und auf der Website des Herstellers verlinkt wird). Hersteller sind dafür verantwortlich, ihren Kund:innen mitzuteilen, wo sie zuverlässige Ersatzteile bekommen. Wir sind große Fans von Aftermarket-Ersatzteilen – manchmal sind sie sogar besser als die Original-Teile. Aber um in dieser Rubrik Punkte zu erhalten, müssen die Hersteller offizielle Ersatzteile zugänglich machen.

Eine umfassende Auswahl von Ersatzteilen ist ebenfalls wichtig. Wenn ein Hersteller nur den Akku für ein Gerät anbietet und sonst nichts, ist das schon mal ein Anfang – aber für eine gute Bewertung erwarten wir mehr. Im Idealfall sollte man ein komplettes, funktionierendes Gerät nur aus den vom Hersteller angebotenen Ersatzteilen bauen können.

Ersatzteile müssen auch zu vernünftigen Preisen angeboten werden, damit Reparaturen sich lohnen. Denn wenn eine Reparatur mehr kostet als ein Drittel des Preises eines neuen Produkts, machen sich viele Leute nicht die Mühe mit der Reparatur, das zeigen mehrere Studien. Bei Unterhaltungselektronik liegt diese Schwelle teilweise sogar noch niedriger. Zu den Kosten für die Reparatur trägt außerdem nicht nur das Ersatzteil bei, sondern auch die Anschaffung der Werkzeuge, Verbrauchsmaterialien und ggf. der Preis der Dienstleistung. Deshalb vergeben wir Punkte für Ersatzteile, die höchstens ein Viertel so viel kosten wie eine Neuanschaffung (Steuern und Versand nicht miteingerechnet, weil sich diese Kosten von Ort zu Ort unterscheiden). Jedes Ersatzteil, das mehr als ein Viertel des Preises kostet, ist zwar besser als gar kein Ersatzteil – aber nur etwas besser.

Übrigens spielen Ersatzteile erst seit relativ kurzer Zeit eine Rolle bei der Berechnung unserer Reparierbarkeits-Bewertungen, auch wenn wir sie schon länger im Auge hatten. Sie wurden bei vielen (aber nicht bei allen) Geräten miteinbezogen, die wir innerhalb des letzten Jahres bewertet haben. Wir haben nun auch die Darstellung unserer Bewertungen geändert, damit deutlicher ist, welches Gerät mit welchem Bewertungsmaßstab benotet wurde.

Zu den Ersatzteilen ist noch anzumerken, dass es regional große Unterschiede beim Zugang zu Teilen gibt. Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass Teile erst 3-6 Monate nach der Veröffentlichung eines Geräts ihren Weg durch die Lieferkette gefunden haben und auf dem Markt erhältlich sind. Je nachdem, welche Erfahrungen wir mit einem Hersteller gemacht haben und wozu er sich verpflichtet, vergeben wir in bestimmten Fällen auch provisorische Punkte beim Thema Ersatzteile.1 Wenn unser Vertrauen enttäuscht wird, ändern wir die Bewertung nachträglich. Für uns ist die Hauptsache, dass die Bewertung Kund:innen wie dir eine gute Einschätzung geben, wie leicht ein Gerät zu reparieren sein wird, wenn die Zeit kommt.

Reparaturfreundliches Design

Die restlichen 80 % unserer Bewertung vergeben wir für das Produktdesign – für reparaturfreundliches Design, um genau zu sein. Das ist der Punkt, der mit darüber entscheidet, ob eine Reparatur später glückt oder nicht. Wenn du geübt bist, kannst du durchaus auch ohne Anleitungen erfolgreich reparieren oder Ersatzteile aus anderen kaputten Geräten retten. Aber wenn ein Produkt dir Hindernisse in den Weg legt oder gar nicht geöffnet werden kann, ohne dass es dabei zerstört wird, dann wird es wahrscheinlich nicht allzu lange in Gebrauch sein.

Und das zu bewerten, ist wirklich sehr schwierig. Wir machen das so:

Zuerst nehmen wir das ganze Gerät auseinander und zeichnen ein vereinfachtes Schema davon, wie es auseinandergenommen wird – einen Demontage-Baum. So würde ein Baum von einem richtig schlecht reparierbaren Gerät aussehen:

Ein Flowchart, der einen langen, vollständig linearen Reparaturpfad zum Akku zeigt (in einem fiktionalen Gerät).
Wenn die Demontage und der Wiederzusammenbau sehr linear verlaufen, verheißt das nichts Gutes für Reparaturen.

Warum schlecht? Nun, schau dir mal an, was du alles ausbauen musst, um an den Akku zu kommen. Der Akku ist ganz am unteren Ende des Demontage-Prozesses, um ihn zu entfernen, musst du erst alle anderen Bauteile ausbauen, eins nach dem anderen – bis das gesamte Gerät in Einzelteilen vor dir liegt und nur noch der Akku übrigbleibt. Ein so lineares Demontage-Verfahren bedeutet eine langwierige Reparatur, viele nötige Werkzeuge, und ein höheres Risiko, dass etwas schiefläuft. Dadurch wird es außerdem schwieriger, herauszufinden, was an einem Gerät genau kaputt ist. Stell dir vor, du hast deine Reparatur abgeschlossen, aber dein Gerät lässt sich nicht einschalten – wo genau liegt der Defekt? In diesem Beispiel kann so ziemlich jedes Bauteil dafür verantwortlich sein.

Bei den reparaturfreundlichsten Geräten sieht es dagegen so aus, dass alle wichtigen Komponenten unabhängig voneinander zugänglich sind. Der Demontage-Baum ist sehr flach verzweigt:

Ein Flowchart, der einfache, unabhängige Reparaturpfade zeigt, die direkt zu allen wichtigen Bauteile laufen.
Ein flacher Demontage-Baum mit unabhängigem Zugang zu den wichtigsten Bauteilen ist ideal.

In diesem Idealbeispiel braucht man nur die Rückabdeckung auszubauen, um an den Akku heranzukommen. Oder du kannst den Akku an Ort und Stelle lassen und das Display austauschen. Oder beide links liegen lassen und nur den Lüfter ersetzen. Viele Reparaturen lassen sich nach nur minimaler Demontage durchführen, ohne dass funktionierende Komponenten ausgebaut werden müssen, die dadurch Schaden nehmen könnten.

Geräte so zu konzipieren ist nicht einfach. In der echten Welt müssen Hersteller eine Reihe widersprüchlicher Aspekte in ihrem Design vereinbaren – die Reparierbarkeit ist nur einer davon. Deshalb sind die meisten Produkte eine Mischung der beiden obigen Beispiele:

Ein Flowchart, der näher an der Realität ist: Er zeigt direkte Reparaturpfade zu zwei Bauteilen, die zu allen anderen Bauteilen sind länger.
Den Zugang zu wichtigen Bauteilen einfach zu gestalten ist eine Herausforderung für die Hersteller.

In diesem Fall hast du nach dem Ausbau der Rückabdeckung sofort separaten Zugang zu zwei wichtigen Bauteilen – dem Display und dem Lüfter –, aber alle anderen Reparaturen erfordern zusätzliche Demontage. Um an den Akku heranzukommen, muss man zuerst Lüfter, Speicher und Motherboard ausbauen – nicht ganz so schlimm wie in unserem ersten Beispiel, aber auch nicht sonderlich gut.

Da es normalerweise nicht möglich ist, ein Gerät so zu designen, dass alle Reparaturen gleichermaßen einfach sind, tragen die verschiedenen Komponenten unterschiedlich viel zu unserer Gesamtbewertung bei – je nachdem, wie wichtig es ist, sie reparieren zu können. Verbrauchsmaterialien wie Akkus, die unweigerlich irgendwann ausgetauscht werden müssen, zählen mehr als beispielsweise mechanische Tasten. (Sorry, Tasten, nicht persönlich gemeint.) Welche Bauteile besonders wichtig sind und wieviel sie zur Gesamtbewertung beitragen, unterscheidet sich je nach Produktkategorie. So werden alle Smartphones nach demselben Schema bewertet, aber das Schema für Laptops beinhaltet andere essenzielle Komponenten und Gewichtungen, und so weiter.

Wenn wir unseren Demontage-Baum haben und die Gewichtung der wichtigsten Komponenten, zeichnen wir den Pfad nach, den jede Reparatur durch den Demontage-Baum nehmen muss und notieren uns jeden einzelnen Schritt, jedes Werkzeug. Dann wandeln wir das alles in Zahlen um.

The same repair path shown in the previous image, now converted into a numerical representation on a spreadsheet.

Dieser Teil ist zeitabhängig: Wie lange brauchen unsere Techniker:innen im Durchschnitt, um eine Schraube zu entfernen, ein Kabel zu lösen oder Klebstoff zu trennen und wieder aufzutragen? Damit die Bewertungen von einem Gerät mit denen eines anderen vergleichbar sind, verwenden wir eine detaillierte Tabelle mit Angaben dazu, wie viel Zeit eine bestimmte Handlung oder ein bestimmtes Designmerkmal in Anspruch nimmt. Dadurch bleibt die Zeitangabe für das Drehen einer Schraube immer gleich, über alle Geräte hinweg, unabhängig von der Geschwindigkeit, der Erfahrung oder dem Koffeinspiegel der jeweiligen Techniker:innen. Wenn man dann alle Zeitangaben für die benötigten Arbeitsschritte zusammenzählt, bekommt man am Ende die Zahl, die für das Schwierigkeitslevel der Reparatur steht. 

Wichtig: Man kann nicht schummeln, indem man ein tolles, teures Werkzeug verwendet, um Zeit zu sparen. Jedes Werkzeug, das bei der Reparatur verwendet wird, wird als Faktor in die Berechnung miteinbezogen. Dabei spielt unter anderem eine Rolle, wie teuer und wie leicht erhältlich es ist; wie viel Erfahrung man braucht, um es einsetzen zu können oder ob es ein Sicherheitsrisiko darstellt. Wenn wir die einzelnen Reparatur-Schritte aufschreiben, multiplizieren wir die Durchschnittszeit für eine Handlung mit dem Werkzeug-Faktor.

Das hat zwei Vorteile:

  • Geräte, die mit einfachen Werkzeugen oder nur mit den Händen auseinandergenommen werden können, erhalten bessere Bewertungen.
  • Geräte, für die man proprietäre Werkzeuge braucht, auch wenn man nur eine einfache Handlung durchführt (z. B. eine Schraube zu lösen), werden bestraft. (Es dauert vielleicht genauso lang, eine Kreuzschlitzschraube zu lösen, wie eine Pentalob-Schraube zu lösen, aber weil die meisten Leute keinen Pentalob-Schraubendreher in ihrer Küchenschublade haben, hat der Pentalob-Schraubendreher einen höheren Werkzeug-Faktor.)

Außerdem vergeben wir eine kleine Zeitstrafe, wenn während der Reparatur das Werkzeug gewechselt werden muss. Je weniger Werkzeuge insgesamt benötigt werden und je seltener man sie wechseln muss, desto schneller die Reparatur und desto besser die Bewertung.

Letztlich ist zu betonen, dass wir den ganzen Reparatur-Weg nachzeichnen, einschließlich dem Wiederzusammenbau. Es reicht nicht, etwas auseinanderzunehmen und dann aufzuhören; um es wieder zusammenzusetzen, braucht man eventuell noch andere Werkzeuge oder man muss neuen Klebstoff auftragen und so weiter. Manche Befestigungsarten sind zwar schwer zu lösen, aber schnell wieder zusammengebaut, oder andersherum. „Um dein Gerät wieder zusammenzubauen, folge den Schritten in umgekehrter Reihenfolge“ – das ist bei vielen Reparaturen eine gute Strategie, aber bei der Bewertung von Reparierbarkeit könnte das die Note verzerren.

Zusammengefasst bewerten wir Geräte auf ihre Reparierbarkeit, indem wir den Pfad für den Austausch aller essentiellen Komponenten nachzeichnen und dabei jeden Schritt bei der Demontage und beim Wiederzusammenbau notieren. Die Durchschnittszeiten der einzelnen Handlungen werden mit dem Werkzeug-Faktor verrechnet und dann addiert – und wir erhalten ein Ergebnis, das irgendwo auf einer Skala liegt und einer bestimmten Bewertung entspricht. Diese Bewertung multiplizieren wir dann mit dem Gewichtungsfaktor, der von der Relevanz des einzelnen Bauteils abhängt. Die Bewertungen für die einzelnen Reparaturen werden dann addiert, und diese Summe macht 80 % der Reparierbarkeits-Bewertung insgesamt aus.

X Factors

Wenn du es irgendwie geschafft hast, bis hierher zu lesen und zu denken „Hm, das kommt mir irgendwie etwas vereinfacht vor“, dann hast du hundertprozentig recht. Reparatur ist schwer zu fassen, und wir aktualisieren unseren Bewertungsmaßstab mindestens einmal jährlich, um die neuesten Designs, Materialien, Technologien und auch Hindernisse mit zu berücksichtigen.

Eine große Sorge ist aktuell das Thema Software-Kalibrierung und Teilekopplung. Wenn du ein einwandfrei funktionierendes Original-Ersatzteil vom Hersteller einbaust und es nicht funktioniert, weil du keinen Zugang zur Kalibrierungs- oder Kopplungs-Software hast, läuft das auf dasselbe hinaus, als könntest du die Reparatur gar nicht durchführen. Wir sind der festen Überzeugung, das Kalibrierungs-Tools und andere Software öffentlich frei zugänglich sein sollten, und das machen wir auch in unserem Bewertungsmaßstab deutlich.

Die Teilekopplung macht auch eine Strategie zunichte, die gang und gäbe ist, wenn man keine Originalteile vom Hersteller bekommt: Ein gutes Gerät aus zwei kaputten zusammenzupuzzeln. Unser Bewertungsmaßstab bestraft die Teilekopplung deshalb streng: Auch wenn ein Gerät gute Punkte in anderen Bereichen erzielt hat – wie Reparaturanleitungen oder reparierbares Design – kann es diese ganz verlieren, wenn Routine-Reparaturen außerhalb der „autorisierten“ Reparatur-Infrastruktur des Herstellers nicht möglich sind.

(Es kostet ziemlich viel zusätzliche Zeit, die einzelnen Komponenten sorgfältig auf Teilekopplung zu überprüfen und die Ergebnisse zu dokumentieren, und in den meisten Fällen führen wir das nicht im Nachhinein durch. Dies ist ein weiterer Bereich, den wir bei der Darstellung unserer Reparierbarkeitsbewertungen nun berücksichtigen, damit die Unterschiede zwischen den verschiedenen Versionen des Bewertungsmaßstab deutlich werden.)

Eine weitere Reparatur-Hürde, die bei iFixit für viel Stirnrunzeln sorgt, ist der Trend, keine identifizierenden Merkmale mehr auf den Produkten anzubringen. Das klingt vielleicht nach einer Lappalie, aber wenn du nicht einmal herausfinden kannst, um welches Modell es sich bei dem Gerät handelt, das du reparieren möchtest, kann es eine riesige Herausforderung sein, die richtigen Ersatzteile und Anleitungen dafür zu finden. Es ist zwar nett, wenn du an die nötigen Infos kommst, indem du dein Gerät einschaltest und in den Einstellungen nachsiehst – aber genau das ist bei vielen kaputten Geräten nicht möglich.

Wie bei der Teilekopplung hat auch die ID-Nummer keinen direkten Effekt auf die Bewertung, solange sie keine Reparaturen verhindert. Aber wenn sie fehlt oder versteckt ist, wirkt sich das negativ auf die Bewertung aus. Es werden zwar nicht, wie bei der Teilekopplung, dann Punkte in allen Bereichen abgezogen – aber die Punkte für Reparaturanleitungen und die Verfügbarkeit von Ersatzteilen können darunter leiden, wenn es schwierig ist herauszufinden, welche Anleitungen und Ersatzteile überhaupt die richtigen sind.

Ein Aspekt wurde noch nicht in unseren Bewertungsmaßstab aufgenommen, macht uns aber in letzter Zeit Sorgen: Software-Updates. Auch wenn du alles andere hast, was du für eine Reparatur brauchst, kann es trotzdem sein, dass sie sich nicht lohnt, wenn der Hersteller die Unterstützung für das Betriebssystem deines Geräts oder für Software-Updates nach ein paar Jahren einstellt.

Wir könnten noch weiterschreiben, aber das Wichtigste hast du wahrscheinlich begriffen: Eine einfache Frage wie „Kann man das reparieren oder nicht?“ ist oft nicht so einfach zu beantworten. Die Antwort in Zahlen umzuwandeln und den Grad der Reparierbarkeit auf einer Zehn-Punkte-Skala so darzustellen, dass er zwischen verschiedenen Geräten vergleichbar ist – noch weniger einfach. Wir entwickeln unseren Bewertungsmaßstab stetig weiter, um so viele reparaturrelevante Aspekte wie möglich darin zu berücksichtigen. (Und wenn du findest, dass etwas fehlt, dass wir unbedingt miteinbeziehen sollten, sag uns Bescheid.)

Diese Skala geht bis Elf

Auch wenn wir schon Reparierbarkeits-Bewertungen gemacht haben, bevor sie cool wurden, sehen wir uns durch die anderen Bewertungssysteme bestätigt, die verschiedene Organisationen in den letzten Jahren entwickelt haben. Da gibt es den französischen indice de réparabilité, das JRC Bewertungssystem für Reparierbarkeit oder auch den prEN45554 Standard (an dem haben wir mitgearbeitet – und er ist selbst ein gutes Rezept dafür, wie man sein eigenes, richtig gutes Reparierbarkeits-Bewertungssystem erstellt).

Ist das iFixit Bewertungssystem das beste? Ja – und nein. Reparierbarkeit ist ein Konzept, das erstaunlich schwierig in Zahlen darstellbar ist, und wir glauben nicht, dass es das perfekte Bewertungssystem überhaupt gibt.

Da Reparatur sich wissenschaftlich nicht recht fassen lässt, ist ein Bewertungssystem für Reparierbarkeit nur ein Ausdruck der Werte und Prioritäten der Menschen, die es erschaffen haben. Auch wenn viele der anderen Bewertungssysteme letztlich das Gleiche oder etwas sehr Ähnliches bewerten, gewichten sie die Ergebnisse oft ganz unterschiedlich, sodass die Bewertungen der verschiedenen Systeme untereinander nicht vergleichbar sind.

In den mehr als zwanzig Jahren, in denen wir Geräte auseinandergenommen haben und die richtigen Werkzeuge dafür entwickelt haben, haben wir viel gelernt. Unser Bewertungssystem spiegelt diese Erfahrung wider, es ist unabhängig und es ist für Leute gedacht, die selbst reparieren wollen. Und es setzt einen hohen Standard für die Hersteller – und genau so soll es sein.


[1]: Zu den Details siehe Provisorische Reparierbarkeits-Bewertungen.

Dieser Artikel wurde übersetzt von Maria Parker.