Das iPhone 15 unter dem Mikroskop
Teardowns

Das iPhone 15 unter dem Mikroskop

Unter dem schwarzen Rechteck, das wir alle so lieben, verbirgt sich unvorstellbare technische Komplexität – und Ingenieursleistung. Ein paar der coolen technischen Features haben wir in unserem iPhone 15 Pro Max Teardown untersucht. Heute wollen wir ein paar besondere Feinheiten des iPhone 15 unter die Lupe nehmen – genauer gesagt unters Mikroskop, und zwar das DSX1000 von Evident Scientific, das mindestens so cool ist, wie es sich anhört. 

Bildstabilisierung

Es ist ganz schön schwierig, ohne Stativ gute Videos aufzunehmen oder Fotos bei schlechter Beleuchtung zu machen. Ein verwackeltes Bild kann man entweder optisch oder digital stabilisieren – oder beides. Die optische Stabilisierung (= OIS, „optical image stabilization“) funktioniert, indem die einzelnen Linsen oder der Sensor (oder beide) leicht bewegt werden, um ein unverwackeltes Bild zu erhalten. Wenn der Sensor bewegt wird, wird das „sensor-shift stabilization“ genannt – und das verwendet das iPhone 15, um die Haupt- und die Teleobjektiv-Kameras zu stabilisieren. Die Kamera verwendet vier Elektromagnete, um den Kamerasensor so zu bewegen, dass das Bild nicht wackelt. Diese Technologie funktioniert nur bis zu einem gewissen Grad – sie kann den Sensor nur auf zwei Achsen bewegen und nur kleinere Bewegungen abfedern.

Wie das funktioniert, konnten wir noch nie in so viel Detail zeigen. Also auf die Plätze, fertig, wackeln!

Pixel, Sensorzellen und Binning verstehen: Das Herz der Kamera-Sensoren

Die Hauptkamera des iPhone 15 hat einen 48 Megapixel CMOS-Sensor. Wofür steht CMOS? Und wie wirkt sich die Pixel-Anzahl auf die Fotoqualität aus? Übrigens – was ist eigentlich ein Pixel?

CMOS steht für Complementary Metal Oxide Semiconductor – zu Deutsch: Komplementärer Metalloxid-Halbleiter. Dieser lange Ausdruck beschreibt schlicht die Technik, die verwendet wird, um den Sensor herzustellen. CMOS hat sich zur gängigen Herstellungsart für moderne Chips und Sensoren entwickelt.

Der Haupt-CMOS-Sensor des iPhone 15.

Ein Pixel auf einem Kamerasensor wird als Sensorzelle bezeichnet und ist ein Block von Schaltkreisen, der das Licht in einem winzigen Bereich auf dem Sensor registriert. Jede Sensorzelle hat eine Mikro-Linse mit einem Farbfilter. Darunter befindet sich eine lichtempfindliche Photodiode, umgeben von Schaltkreisen, die die Diode auslesen.

Auf jedem dieser winzigen Quadrate befinden sich 2×2 Sensorzellen.

Sensorzellen kannst du dir wie ein großes Raster von Niederschlagssensoren vorstellen, mit denen Regen aufgefangen wird, um die Niederschlagsmenge zu messen. Während eines Regenschauers fallen die Tropfen in den Behälter, und die Elektronik misst, wie voll der Behälter ist und sendet die Informationen an einen zentralen Prozessor. Dann sorgt sie dafür, dass der Behälter planmäßig geleert wird.

Auf dem Sensor der Hauptkamera des iPhone 15 befinden sich 48 Millionen dieser Sensorzellen, aber das „Gefäß“, mit dem das Licht auf jeder Zelle aufgefangen ist, ist winzig klein. Bleiben wir bei der Regen-Analogie: Wenn viel Regen fällt, sammelt sich wahrscheinlich auch in jedem Behälter eine ordentliche Menge Regenwasser an. In der Fotografie wäre das eine helle Umgebung, in der jede Sensorzelle reichhaltige Bilddaten weiterleiten kann. Wenn also genug Licht da ist, können mehr Pixel zu detaillierteren Fotos beitragen.*

* In puncto detailliertere Fotos …

Auch wenn ein helles 48-Megapixel-Foto sehr detailgenau sein mag – das Display deines Handys oder deines Computers kann nur mit einem Bruchteil dieser Auflösung aufwarten. Deshalb wirst du im normalen Gebrauch nicht viel von deinen vielen Megapixeln haben, es sei denn, du zoomst häufig in deine Fotos hinein oder verwendest Bildausschnitte.

Aber wenn wenig Regen fällt – also wenn die Umgebung dunkel ist – werden die winzigen Auffangbehälter zum Problem: Sie können nicht genug Wasser aufsammeln, um es exakt messen zu können. Die Elektronik, die den Wasserstand misst, muss den Wasserstand dann schätzen. Bei einem Bild führt eine schlecht beleuchtete Umgebung zu einem verwischten, undeutlichen Foto.

Sensorzellen, leicht verwischt durch die darüberliegenden Farbfilter und Mikrolinsen. Für das Foto kam das Mikroskop an seine Grenzen – 7000-fache Vergrößerung!

Was also kann man tun, um dieses Problem zu lösen? Wie wäre es, wenn man den Inhalt von vier Auffangbehältern in einen schütten würde? Dadurch könnte man die Wassermenge leichter messen. Indem man den Wasserstand so misst, reduziert man die Menge an Auffangbehältern von 48 auf 12 Millionen. Aber die Messwerte werden genauer.

Die Methode, den Inhalt mehrerer Auffangbehälter zusammenzuführen, wird als Binning bezeichnet (bin = engl. „Behältnis“), und das iPhone ist definitiv nicht das erste Gerät, in dem diese Technologie zur Anwendung kommt. Sie ist ziemlich gut darin, die Unschärfe, die von schlechten Lichtbedingungen verursacht wird, auszugleichen – aber letztlich lassen sich die Gesetze der Physik nicht verbiegen. Je größer eine Sensorzelle ist, desto mehr Photonen werden „eingesammelt“, und desto besser wird das Bild, das aufgenommen wird. Aber Apple musste bei den Standard iPhone-Modellen Kompromisse eingehen, um Kosten zu sparen, und den Sensor entsprechend kleiner gestalten, als dem Unternehmen lieb war. Deshalb können die Kameras der iPhone 15 Standard-Modelle nicht so viel Licht aufnehmen wie die der Pro-Modelle, obwohl alle 48 Megapixel haben. Die kleineren 2,0 Mikrometer Quad-Pixel-Zellen in den günstigeren iPhone 15 Modellen können bei schlechten Lichtverhältnissen nicht mit den 2,44 Mikrometer Quad-Pixel-Zellen in den Sensoren der Pro-Modelle mithalten.

Links: iPhone 15 Pro Max Sensor. Rechts: iPhone 15 Sensor.

Einer für alle

Dass Apple einen USB-C-Anschluss im iPhone 15 verbaut hat und nicht seinen proprietären Lightning-Anschluss, ist ein bemerkenswerter Schritt. Dies ist das erste Mal, dass Apple einen Anschluss im iPhone verbaut hat, der nicht von Apple selbst entwickelt wurde. Na ja, abgesehen von der Kopfhörerbuchse. Und diesen Schritt musste Apple gegen seinen Willen machen. 

Die EU hatte anfangs noch nahegelegt, dass Tech-Unternehmen ihre Ladeanschlüsse standardisieren – letztlich bestand sie darauf. Dadurch soll die Lebensdauer elektronischer Geräte verlängert und Elektroschrott reduziert werden. Dies ist wiederum Teil der Bemühungen, zu einer Kreislaufwirtschaft zu gelangen. 

Aus technischer Perspektive hat der USB-C-Anschluss mehrere Vorteile: schnellerer Datentransfer, schnelleres Laden und die Kompatibilität mit allen anderen USB-C-Ladegeräten. Aber die Umstellung auf USB-C ist nicht ganz so einfach: Man kann nicht einfach die Anschlüsse austauschen, sondern auch der interne Aufbau und die Schaltkreise für den Ladevorgang müssen angepasst werden.

Die Baugruppe des USB-C-Anschlusses beinhaltet eine Vielzahl von Kabeln, Sensoren und Erdungspunkten. Rechts vom USB-C-Anschluss befindet sich eine ablösbare Mikrofon-Baugruppe.

Die Leistung eines USB-C-Anschlusses hängt von dem Controller ab, mit dem sie verbaut ist. Den USB-C-Controller in das iPhone zu integrieren, war für Apple bei den iPhone 15 Standard-Modellen eine besondere Herausforderung, weil sie nicht über den besseren A17-Chip und den dort integrierten USB-C-Controller verfügen. Der separate Controller, den Apple stattdessen verwendete, beschränkt die Standard-Modelle praktisch auf die Funktionalität von USB 2.0, während die Pro-Modelle alle Vorzüge von USB-C 3.2 genießen. Für das iPhone 15 und 15 Plus bedeutet das beispielsweise langsamere Übertragungsraten (480 Mbps verglichen mit 10 Gbps) und eine geringere Ausgangsleistung. Diese Diskrepanz führte zu Gerüchten, Apple würde die USB-C-Leistung künstlich drosseln. Das ist aber nicht der Fall. 

Erwähnenswert ist außerdem, dass USB-C-Anschlüsse durch Feuchtigkeit und andere Umweltfaktoren leichter Schaden nehmen als Lightning-Anschlüsse. Deshalb kann es sein, dass diese Anschlüsse häufiger repariert werden müssen – so, wie das bei Android-Smartphones der Fall ist. Apple gestaltete den Anschluss recht modular, sodass man ihn leicht austauschen können sollte, wenn er kaputtgeht. Sie entdeckten sogar ein paar DIY-Reparatur-Neigungen in sich: Dieses Bauteil ist nicht von Teilekopplung betroffen. 

iPhone 15: Wie reparierbar ist es also?

Das Design des iPhone 15 wurde größtenteils von seinem Vorgänger, dem iPhone 14, übernommen. Es lässt sich nicht leicht in eine Schublade stecken: Während einige Designelemente wie das austauschbare Rückglas wirklich lobenswert sind, führt Apples Strategie, einzelne Bauteile an ein bestimmtes Gerät zu koppeln, zu großen Einschränkungen, was die DIY-Reparatur angeht, und stimmt uns ziemlich pessimistisch. 
Viele Komponenten können nicht ausgetauscht werden, ohne an Funktionalität zu verlieren. Wir haben zwei brandneue iPhone 15-Exemplare genommen und ihre Displays ausgetauscht – danach funktionierten die Selfie-Kameras nicht mehr. Die folgende Grafik zeigt, dass sich dieses Problem inzwischen auf sehr viele Komponenten ausgeweitet hat und verdeutlicht, dass Apple seine Reparatur-Software leichter zugänglich machen muss.

Abgesehen von Software-Problemen ist das Design dieses Smartphones ziemlich gut. Beim Pro und Pro Max können die meisten Reparaturen über das Display erreicht werden, während bei den Standardmodellen der Zugang über das Rückglas erfolgt. Letzteres ist risikoärmer, was den Standard-Modellen einen leichten Vorteil beim Punkt „reparierbares Design“ verschafft.

Wenn man sich schon durch Klebstoff kämpfen muss, ist es besser, das günstige Rückglas zu riskieren als das teure Display.

Eine weitere erwähnenswerte Neuerung dieses Jahr: Man kann sich – zumindest in den USA – nun eines der unteren Mikrofone in einem Apple Store direkt reparieren lassen. Im iPhone 15 sind zwei MEMS-Mikrofone nahe der unteren Kante verbaut; eines ist auf der USB-C-Baugruppe, das zweite befindet sich in einem separaten Modul unter der Taptic Engine. Wir wissen nicht genau, für welches Mikrofon Apple diese In-Store-Reparatur anbietet – möglicherweise für beide. Die Aussicht auf reparierbare Mikrofone ist definitiv begrüßenswert. Immerhin benutzen ein paar von uns diese Taschencomputer auch noch zum Telefonieren.

Ein paar Gedanken zur Macht von Software

Also, wo steht nun das iPhone 15?

Apples Bemühungen um Modularität werden besonders dadurch deutlich, dass man das Smartphone von zwei Seiten aus öffnen kann – und sind eine erfreuliche Weiterentwicklung eines guten Ansatzes. Allerdings wird dies überschattet durch die aggressive Teilekopplung, die DIY-Reparaturen völlig unnötig und künstlich erschwert – und zwar massiv.

Dabei sollten wir erwähnen, dass Apple Probleme durch Teilekopplung manchmal mit Software-Updates behebt. Es ist nicht immer einfach, einen Software-Fehler von einer absichtlichen Beschränkung zu unterscheiden. Wir werden diesen Artikel mit den neuesten Informationen zur Teilekopplung aktualisieren, sobald wir das neue 17.0.3 Update genauer untersuchen konnten.

In Anbetracht aller Gesichtspunkte erhält das iPhone 15 eine provisorische Bewertung von 4 von 10 Punkten auf unserer Reparierbarkeits-Skala, unter der Annahme, dass Ersatzteile und Reparaturanleitungen öffentlich zugänglich gemacht werden.

Dieser Artikel wurde übersetzt von Maria Parker.