Was dir nicht gehört, kannst du nicht reparieren
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Was dir nicht gehört, kannst du nicht reparieren

Warum Apples Plan, iPhones im Abonnement anzubieten, nichts Gutes für die Reparatur verheißt

Im März dieses Jahres berichtete Bloomberg, dass Apple an einem Abo-Modell für iPhones arbeitet: Für eine monatliche Gebühr sollen Kund:innen ein iPhone leasen können, anstatt es zu kaufen. Letzte Woche kündigte auch Fairphone ein ähnliches Modell für seine Kund:innen in den Niederlanden an. Wir finden Fairphone eigentlich total klasse (seine Smartphones landen regelmäßig ganz oben auf unserem Reparierbarkeits-Index, mit leicht austauschbaren Akkus und erweiterbarem Speicherplatz), aber die Entwicklung, Hardware als Abo anzubieten, finden wir gar nicht klasse.

Wir sehen Smartphone-Abos kritisch – und zwar nicht nur, weil uns nervt, dass heutzutage alles als Abo kommt. Wir sagen oft: Wenn du es nicht reparieren kannst, gehört es nicht dir. Und das stimmt auch, wenn man es umkehrt: Wenn es nicht dir gehört, kannst du es nicht reparieren.

Wie funktionieren Smartphone-Abos?

Das Konzept eines Smartphone-Abos ist einfach: Du zahlst eine monatliche Gebühr – und kannst dafür ein Smartphone nutzen. Eventuell sind auch andere Leistungen inbegriffen; bei Fairphone kann man zum Beispiel einen Tarif wählen, bei dem ein Akku- oder Displaytausch inklusiv sind. Wenn dein Vertrag ausläuft, schickst du das Smartphone zurück.

Welches Interesse sollten Hersteller an einem solchen Abo-Modell haben? Nun, es dauert immer länger, bis Kund:innen sich ein neues Smartphone anschaffen. Als das iPhone erstmals auf den Markt kam, wurde ein Smartphone durchschnittlich 18 Monate lang genutzt. Inzwischen sind es vier Jahre. Das ist super für den Umweltschutz, weil die Herstellung von Smartphones so viele Ressourcen verbraucht: Wenn alle US-Amerikaner:innen ihre Smartphones durchschnittlich ein Jahr länger nutzen würden, würden so viele Emissionen eingespart werden, als würde man 636 000 Autos stilllegen. Aber weniger Smartphone-Upgrades bedeutet auch weniger Profit für die Hersteller, es ist also kein Wunder, dass letztere nach anderen Möglichkeiten suchen, sich ein stetiges Einkommen zu sichern. Investor:innen sind berechenbare Einnahmen wichtig, und ein Abo-Modell hilft den Herstellern dabei, ihre Gewinnzusagen einzuhalten.

Aus Apples Perspektive macht ein iPhone-Abo also einfach Sinn: Das Unternehmen kann sich über verlässliche Einnahmen freuen, setzt Anreize zur Kund:innenbindung und bekommt die gebrauchten Geräte zurückgeschickt, sodass es sie selbst wiederaufbereiten und nochmals verkaufen kann. 

Handy-Abos sind weit weniger kund:innenfreundlich als Leasing-Verträge

Moment mal, sagen jetzt vielleicht diejenigen von euch, die zu Apple immer auf dem Laufenden sind, gibt es bei Apple nicht schon einen iPhone-Abo-Service, das iPhone Upgrade Program? Tatsächlich: in den USA, im Vereinigten Königreich und in China kann man schon jetzt monatlich für ein iPhone zahlen. Und bei vielen Mobilfunkanbietern gibt es Finanzierungsmodelle, die regelmäßige Upgrades beinhalten, so zum Beispiel die 1&1 NewPhone Zusatzoption oder die Congstar Handytausch Option

Wenn dein Gerät dir gehört, kannst du es verschenken, verkaufen oder als Babyphone verwenden.

All diese Möglichkeiten sind jedoch keine Abo-Modelle, sondern Leasing-Verträge; du zahlst in Raten für dein Gerät, aber nach Ende des Vertragszeitraums gehört es dir. Du kannst – je nach Vertragsbedingungen – auf ein neueres Modell upgraden, aber wenn du es lieber verschenken, verkaufen oder als Babyphone verwenden möchtest, dann kannst du das tun. Außerdem ist es bei vielen dieser Verträge möglich, daraus auszusteigen, indem du den noch ausstehenden Teil des Kaufbetrags in einer Summe zahlst.

Die „ultimative Abo-Falle“

Ein Abo dagegen bindet dich an eine monatliche Zahlung, ohne dass das Gerät letztlich dir gehört. Du bist genauso an iPhone-Apps und -Dienstleistungen gebunden, als hättest du es gekauft – aber behalten kannst du es nicht. Michael Simon von MacWorld nennt Apples Pläne deshalb die „ultimative Abo-Falle“.

Think of it as a rental, and Apple is your new landlord. And hey, sometimes renting is easier than owning—if you have a compassionate landlord with an attentive maintenance schedule, that is. If you’ve got a landlord with investors breathing down their neck, looking to flip your apartment every year to jack up the rent … well … that looks a lot less like home.

Warum Smartphone-Abos sich nicht lohnen

Es gibt drei Hauptgründe, warum sich Smartphone-Abos im Vergleich zu Leasing-Verträgen nicht lohnen:

  1. Langfristig kosten sie meist deutlich mehr.
  2. Sie schränken deine Reparaturmöglichkeiten ein: keine DIY-Reparatur, keine freie Werkstattwahl.
  3. Sie treiben die Reparaturkosten hoch – und zwar für alle.

 

Langfristig höhere Kosten

Den Einschätzungen von MacWorld zufolge wird Apple seinen Abonnent:innen erst dann ein Upgrade erlauben, wenn die getätigten Zahlungen sich mindestens auf den Wert des betreffenden Geräts belaufen. Bei Fairphone ist noch unklar, wie sich die Kosten gestalten, denn Fairphone bringt nicht jedes Jahr ein neues Modell heraus und der Leasing-Vertrag enthält keinen Rabatt, wenn du auf ein neueres Modell upgradest. Bisher hat das Unternehmen Upgrade-Module – z. B. eine verbesserte Kamera – auf den Markt gebracht, bevor das nächste Smartphone veröffentlicht wurde; diese Module sollen Abonnent:innen dann für eine zusätzliche Gebühr angeboten werden.

Das Fairphone 4 ist vorbildlich, was seine Reparierbarkeit angeht. Aber wenn du es als Abo nutzt, zahlst du langfristig mehr, als wenn du es kaufst – und du kannst es nicht selbst reparieren.

Im Moment jedoch läuft das das Abo-Modell von Fairphone auf höhere Kosten hinaus als wenn du es kaufen würdest, langfristig gesehen. Für jedes Jahr, in dem man den Reparaturservice nicht nutzt, wird die monatliche Abogebühr günstiger: Nach einem Jahr ohne Reparaturen zahlst du 2 € weniger, nach zwei Jahren 4 €, und so weiter. Aber selbst mit diesem Rabatt zahlt man – wenn man keine Reparaturen benötigt – 996 € für fünf Jahre Nutzungsdauer, was 280 € mehr sind als der Ladenpreis. Und am Ende gehört dir das Smartphone nicht einmal.

Eingeschränkte Reparaturmöglichkeiten

Aber ein Abo-Modell ist nicht nur langfristig teurer, denn wenn das Handy nicht dir gehört, kann der Hersteller dir untersagen, es selbst zu reparieren. Wenn also dein Kind dein Smartphone die Toilette runterspülen sollte, kannst du es nicht selbst wieder zum Laufen bringen, auch wenn du Mikrolöten lernst (wie Jessa Jones es getan hat). Und auch Hardware-Upgrades, wie Hugh Jeffreys Dual-SIM-iPhone-Mod, bleiben dir verwehrt. 

Wenn du nicht zu den Leuten gehörst, die gern selbst an ihrem Smartphone tüfteln, erscheint das vielleicht nicht so wichtig. Fairphones Abo-Modell beinhaltet den Austausch eines Akkus oder eines Displays pro Jahr. Aber für alles, was darüber hinausgeht, zahlst du extra.

Wir hören ständig von iPhone-Nutzer:innen, denen im Apple Store gesagt wurde, es sei unmöglich, ihr Smartphone zu reparieren – und die dann in einer unabhängigen Werkstatt herausgefunden haben, dass die Reparatur nicht nur möglich, sondern auch günstig ist.

Sogar bei Abo-Modellen, die Reparaturen beinhalten, kann der Hersteller nicht nur entscheiden, ob er die Kosten für deine Reparatur übernimmt, sondern auch, ob er die Reparatur überhaupt durchführen lassen will. Viele Abonnent:innen berichten, dass Hersteller sich weigern, Reparaturen bei nur kleineren Beschädigungen zuzulassen. Fairphones wiederum übernimmt für seine Abonnent:innen nur Reparaturen, wenn kein Wasserschaden vorliegt und keine Zeichen offensichtlicher Gewaltanwendungen sichtbar sind – oder Zeichen, dass das Smartphone geöffnet wurde. Wir hören ständig von iPhone-Nutzer:innen, denen im Apple Store gesagt wurde, es sei unmöglich, ihr Smartphone zu reparieren – und die dann in einer unabhängigen Werkstatt herausgefunden haben, dass die Reparatur nicht nur möglich, sondern auch günstig ist. Wenn du ein Gerät kaufst, auch wenn du es in Raten bezahlst, hast du auch dann mehrere Möglichkeiten für seine Reparatur zur Auswahl – auch dann, wenn der Hersteller der Ansicht ist, die Reparatur sei unmöglich, selbstverschuldet oder nicht im Vertrag enthalten. Wenn du nur Abonnent:in bist, hast du diese Möglichkeiten nicht. 

Reparatur-Monopole machen Reparaturen für alle teurer

Auch wenn du dein Handy nicht selbst reparieren möchtest: ein Smartphone-Abo bedeutet mehr Druck, auf das nächste neue Modell umzusteigen; weniger Rechte an deinem Gerät; und eventuell auch höhere Reparaturkosten für alle. So gut wie alle zwielichte Tricks, mit denen Unternehmen aktuell Reparaturen verhindern, wären als Teil eines Abo-Services völlig legal. Sie könnten deine Garantie für nichtig erklären, wenn du das Gerät öffnest. Sie könnten die Preise für Reparaturen so festsetzen, wie es ihnen gefiele. Sie könnten unabhängige Reparaturwerkstätten völlig aus dem Markt drängen (wie Nikon es getan hat), um die Preise hochzuhalten. Ein Monopol auf der Reparatur von Abo-Geräten ist nicht gesetzwidrig.

Mehr Recycling – aber auch mehr verbrauchte Ressourcen

Einen guten Aspekt haben solche Modelle immerhin, aus Umweltschutz-Perspektive: Hersteller sind dadurch länger für ihre Hardware verantwortlich. So gut wie alle Geräte in solchen Programmen werden wieder beim Hersteller landen, der so viele wie möglich davon wiederaufbereiten und den Rest recyceln dürfte. Da viele Altgeräte jahrelang ungenutzt in Schubladen liegen oder im Müll landen, statt wiederaufbereitet zu werden und ein zweites Leben zu bekommen, könnte das tatsächlich etwas bewirken.

Andererseits muss man an dieser Stelle auch erwähnen, dass die größte Umweltbelastung durch Smartphones bei der Rohstoffgewinnung und Herstellung liegt. Ein Abo-Modell, das Anreize zu früheren Upgrades setzt, bedeutet auch, dass mehr neue Geräte hergestellt werden, mehr Rohstoffe verbraucht werden und mehr Abfall entsteht. Und wenn der Hersteller dein Smartphone wieder zurückbekommt, geht es ihm wirklich um Umwelt- und Ressourcenschonung – oder nicht vielmehr um seine Gewinnmarge? Wenn die Rechnung so aufgeht, dass letztlich mehr Smartphones geschreddert als wiederverwendet werden, geht das Ganze auf Kosten der Umwelt. Schnellere Konsumzyklen und mehr Abfall sind einfach keine guten Nachrichten.

Wer nicht reparieren darf, kann es auch nicht lernen

Es gibt noch einen weiteren Nebeneffekt von Hardware-Abos: Wenn wir unsere Geräte nicht selbst reparieren können, wird es sehr schwierig zu lernen, wie sie funktionieren. 

Reparatur regt Menschen dazu an, interessiert und offen an Neues heranzugehen und sich zu fragen, wie Dinge funktionieren. 

Tarah Wheeler, Sicherheitsexpertin

So viele Profis aus den Bereichen Reparatur, Elektronik und Mechanik haben ihre Tüftel-Karrieren damit begonnen, Dinge auseinanderzunehmen. Adam Savage von den Mythbusters erzählt oft, wie das Tüfteln mit elektronischen Geräten in seiner Kindheit ihn zu dem Bastler und Reparatur-Experten gemacht hat, der er jetzt ist. Wenn wir vor lauter Abo-Verträgen und Reparatur-Beschränkungen unsere Geräte nicht mehr öffnen, verlieren wir eine Gelegenheit, Menschen dazu anzuregen, „interessiert und offen an Neues heranzugehen und sich zu fragen, wie Dinge funktionieren“, wie die Sicherheitsexpertin Tarah Wheeler befürchtet.

Durchs Reparieren lernt man auch, wie man Dinge erschafft; Abo-Verträge verhindern solches Lernen.

Wenn es dir gehört, kannst du es auch reparieren

Angesichts des Reparatur-Monopols vieler Hersteller resümiert Gay Gordon-Byrne von der Repair Association, das Abo-Modell sei zumindest ehrlicher als so zu tun, als verkaufe man ein Gerät, das den Kund:innen letztlich aber eigentlich gar nicht gehöre. Aber es ist einfach nochmal etwas anderes, Apple die Eigentümerschaft deines Handys offiziell zu übertragen und deine Rechte an deinem Gerät so weit einzuschränken – es fühlt sich nicht sehr gut an. Und für Unternehmen wie Apple und Fairphone, die so tun, als wären ihnen Umwelt und Verbraucher:innen wichtiger als ihr Profit, sieht es auch nicht sehr gut aus.

Um es kurz zu machen: Wenn dir etwas gehört, kannst du es auch reparieren – und dir steht nicht nur die Hardware offen, sondern auch die unbegrenzten Möglichkeiten zum Lernen und Entdecken, die Reparatur bietet. Lass dir diese Freiheit nicht von Herstellern nehmen. 

Dieser Artikel wurde übersetzt von Maria Parker.