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War das jetzt das neue M2 MacBook Pro – oder nicht?

Der folgende Text stammt aus der Textvorlage für das obige Video. Er stimmt daher möglicherweise nicht hundertprozentig mit dem Dialog im Video überein.

Einleitung

Apples lang erwarteter M2-Prozessor ist endlich da und niemand – wirklich niemand – scheint sich für das Gerät begeistern zu können, in dem er seine Ankunft feiert: Das neue MacBook Pro (13 Zoll).

Die Testberichte sind sich weitgehend einig darin, dass es ein guter Laptop mit sehr guter Akkulaufzeit ist – ABER: 

  • es hat zu wenig Anschlüsse,
  • das Display funktioniert nicht mit hohen Aktualisierungsraten, 
  • dafür, was man bekommt, ist es zu teuer,
  • und es wird schon jetzt vom neuen MacBook Air überschattet, das vor kurzem veröffentlicht wurde.

Wir tippen, dass es wahrscheinlich so ziemlich der gleiche Laptop ist wie das 2020er Modell, nur mit einem neuen Logic Board. Also schauen wir mal, ob wir recht haben!

Von außen …

Die Rahmen der beiden Geräte sind identisch, sogar die Modellnummer auf der Gehäuseunterseite ist dieselbe. Mit Ausnahme einer winzigen EMC-Nummer auf der Rückseite können wir nichts sehen, worin sich die beiden Laptops äußerlich unterscheiden.

The model number on the M1 is A2338 as is the model number on the M2. All other markings on the case are the same except for the EMC number where the M1 reads 3578 and the M2 reads 8162.
Der einzige Unterschied, den wir auf dem Äußeren des M2 MacBook Pro (13 Zoll) finden konnten: Die EMC-Nummer ist nicht dieselbe wie auf dem 2020er Modell.

Die Unterseite und die dazugehörigen Schrauben sind genau gleich – und auch das Vorgehen, wie man die Abdeckung entfernt, ist immer noch unnötig schwierig.

… und von innen

Jetzt wird’s interessant. Wenn wir uns dieses Bild von den zwei Logic Boards anschauen, sehen wir sofort, dass einige der Chips und kleineren Komponenten ausgetauscht wurden, aber alles andere gleich geblieben ist. Kabel, Erdungsstifte, Schrauben, Abstandshalter – einfach alles. Bis auf das Logic Board selbst sind die beiden Laptops von innen völlig identisch.

A side by side comparison of the interior of the M2 MacBook Pro 13 and the previous generation M1 MacBook Pro 13. Except for the rounded corners on the heatsink and some differences in chip placement, everything else appears to be the same.
Das neue M2 MacBook Pro 13 (links) neben dem alten MacBook Pro 13 M1 (rechts)

Ein Unterschied fällt auf: Der Kühlkörper auf dem M1 hat leicht abgerundete Ecken, der auf dem M2 nicht. Wenn du jetzt denkst, dass wir verzweifelt nach Unterschieden suchen, liegst du richtig.

Wir sind nun an einem Punkt angelangt, wo wir uns fragen, ob Apple hiermit seinen ersten wirklich upgradebaren Laptop entwickelt hat – was bislang nur Framework getan hat.

Falls du noch nicht davon gehört hast: Framework hat mit der Herstellung des allerersten upgradebaren Laptop-Motherboards begonnen, das gerade frisch auf dem Markt ist. Ist Apple dem zuvorgekommen?

Das müssen wir natürlich testen, aber zuerst müssen wir das Logic Board vom Gehäuse lösen.

Nehmen wir’s auseinander – und tauschen es aus?

Zuerst trennen wir Trackpad und Akku vom Rest des Boards, dann die anderen Bauteile. Das ist ganz schön fisselig, und diese Kabel sind ganz schön dünn.

Sobald alle Kabel getrennt sind, können wir das M2 Logic Board ausbauen.

Dann schauen wir mal, ob das M2-Board in das M1-Gehäuse passt – und tatsächlich, es passt ganz genau! Jetzt wollen wir mal sehen, ob sich der Rechner damit anschalten lässt.

Letztendlich schaffen wir es, ihn hochzufahren, aber er erkennt keine der eingebauten Eingabegeräte.

Trackpad-Leiden und Testergebnisse

Nachdem wir mehrmals die Kabel geprüft und neu eingesteckt hatten, den Touch ID Sensor vom einen auf den anderen Rechner transferiert und noch ein Dutzend andere Tests durchgeführt hatten, haben wir aufgegeben und Hector Martin vom Asahi Linux Project um Rat gefragt. 

Der sagte uns, dass das M2 Trackpad einige Prozesse auf das SoC (System on a Chip, dt. Ein-Chip-System) ausgelagert hat. Wurde das nur gemacht, damit die beiden Modelle eben nicht ganz baugleich sind? Das können wir nicht mit Sicherheit sagen, aber letztlich läuft es darauf hinaus: Ein Upgrade des Logic Boards wird verhindert, es sei denn, auch das Trackpad wird mit einem M2-kompatiblen Trackpad ersetzt.

Man kann den Laptop zwar mit einer externen Maus und Tastatur nutzen, aber ein Laptop ist kein Laptop, wenn man immer Maus und Tastatur mit sich herumschleppen muss. Und vielleicht ist das der Sinn der Sache. 

The M2 trackpad is simpler than its predecessor as a result of some functions previously performed on the trackpad's PCB being transferred to the M2 SoC.
Das M2 Trackpad hat einige Funktionen an das M2 SoC abgegeben. Dadurch werden manche Reparaturen leichter, aber ohne entsprechende Treiber ist der Laptop so nicht mit älteren Bauteilen kompatibel.

In unseren Tests haben wir herausgefunden, welche Komponenten teilweise oder vollständig an Funktionalität einbüßen: Trackpad, Tastatur und TouchID-Sensor. Letzterer ist verständlich, aber wenn es Absicht ist, dass Trackpad und Tastatur auch nicht mehr funktionieren, irritiert uns das schon sehr.

Einen positiven Aspekt hat das Ganze: Wir gehen davon aus, dass Apple dieses Gerät – und vielleicht auch das M1-Modell – in sein Self-Service-Reparaturprogramm aufnehmen wird. Das bedeutet, dass du dein Gerät möglicherweise upgraden und reparieren kannst. Wird es in Zukunft vielleicht sogar möglich sein, dein altes M1 MacBook zu einem M2 aufzuwerten? Wir haben Zweifel – aber wer weiß!

Die Bauteile der beiden Laptops sind eindeutig miteinander kompatibel und wir haben das Gefühl, dass wir es wieder einmal mit einem Versuch zu tun haben, Reparaturen und Upgrades durch Software-Tricks zu verhindern.

Die neuesten Ergebnisse des Asahi-Teams deuten zwar darauf hin, dass das neue Modell nicht von vornherein als inkompatibel mit dem alten geplant war. Aber wenn es keine Treiber-Updates gibt, um die Kommunikation zwischen den Bauteilen zu ermöglichen, werden die beiden Modelle inkompatibel bleiben. 

SSD Performance

Ein letztes Wort zur Hardware: In mehreren Bewertungen wurde schon auf die langsameren Lese- und Schreibgeschwindigkeiten des Basis-Modells des M2 MacBook Pro hingewiesen. Der Grund dafür ist, dass ein einziger 256 GB SSD Chip auf dem Board die ganze Arbeit macht, während im M1 zwei 128 GB SSD Chips sitzen.

Mit zwei SSD Chips liest und schreibt das System zweimal so schnell, weil die Operationen gleichzeitig stattfinden. Das ähnelt einem RAID 0-Setup, bei dem Datenlese- und -schreibprozesse auf mehrere Laufwerke aufgeteilt werden. 

Fazit

Es erscheint vielleicht merkwürdig, dass Apple so viele alte Komponenten wiederverwendet, aber ehrlich gesagt würde das schon Sinn ergeben, wenn wir in einer Welt leben würden, wo rücksichtsloser Konsum nicht die Norm wäre. Die Corona-Pandemie hat die Schwachstellen in unseren Versorgungsketten aufgezeigt und zu einem Mangel an Chips geführt, dessen Folge letztlich mehrere solcher ungewöhnlichen Entscheidungen waren.

Aus unserer Sicht ist dieser Laptop hauptsächlich Eines: Eine verpasste Chance für Apple, nach sehr langer Zeit mal wieder ein upgradebares Gerät auf den Markt zu bringen. Und eine verpasste Chance für den Koloss des Elektronikmarktes, ein Zeichen für Reparierbarkeit und umweltfreundliches Design zu setzen.

Dieser Artikel wurde übersetzt von Maria Parker.