Wie Sega den Joystick-Drift schon vor 30 Jahren gelöst hat
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Wie Sega den Joystick-Drift schon vor 30 Jahren gelöst hat

Sag Ade zum Joystick-Drift

Egal, ob neue tragbare Konsole oder Controller, die Frage ist immer die gleiche: Was ist mit Joystick-Drift? Aber wenn das Problem so allgegenwärtig ist – warum haben wir es dann nicht schon längst gelöst? Oder gibt es vielleicht doch schon eine Lösung? Machen wir eine kleine Zeitreise zurück in die Neunziger (falls du das im Jahre 2100 liest: wir meinen die 1990er).

Sega gab uns bereits 1994 Drift-sichere Sensoren

Diejenigen unter euch, die sich im Jahr 2022 befinden, erinnern sich vielleicht noch an die Sega Saturn, eine etwas klapprige Spielkonsole von 1994/95, die mit der Sony PlayStation konkurrieren sollte (ganz recht, mit der Original-PlayStation). Und einige wenige von euch haben vielleicht „Nights into Dreams“ auf der Sega Saturn gespielt, ein Spiel, das zusammen mit einem revolutionären Controller kam, der als Saturn 3D Controller bekannt wurde.

Dieser spezielle Controller war die Grundlage des Standard-Controllers für Segas Dreamcast, als sie 1998 in Japan auf den Markt kam (ein Jahr später dann auch in den meisten anderen Ländern). Was diesen Controller so besonders machte, war nicht nur der Joystick, der als Alternative zum D-Pad zur Steuerung verwendet wurde, sondern auch die Verwendung einer Technologie namens „Hall-Effekt-Sensoren“.

Die Sensoren in diesem Controller registrierten sowohl die Bewegung der Trigger-Tasten als auch die Position des Joysticks. Damals wussten die Entwickler:innen, dass Hall-Effekt-Sensoren nicht so schnell verschleißen wie normale Potentiometer. Das Problem mit Potentiometern haben wir schon einmal erklärt: Dabei wird ein Teil des Controllers an einem Sensor entlang geschoben, der die Position bestimmt, indem er den Widerstand misst. Je öfter der Schleifer bewegt wird, desto ungenauer wird die Messung der Position. Durch die Nutzung des Hall-Effekts — und der Magie des Magnetismus — ist kein physischer Kontakt zwischen Button und Sensor notwendig.

Segas Dreamcast Controller und der GuliKit King Kong 2 Pro Seite an Seite

Augen auf und zurück in die Gegenwart: Diese Technologie ist noch immer kein Standard bei Controllern, jedenfalls nicht beim Joystick-Modul. Die meisten aktuellen Controller verwenden zwar Hall-Effekt-Technologie, aber nur für die Trigger-Tasten.

Bis jetzt.

Denn jetzt gibt es einen weiteren Controller mit mag(net)ischem Joystick: den GuliKit King Kong 2 Pro.

Und es ist ganz klar: Wir müssen ihn auseinandernehmen und mit dem Dreamcast Controller vergleichen, um zu sehen, was sich im letzten Vierteljahrhundert so getan hat.

Sega Dreamcast Controller vs. GuliKit King Kong 2 Pro

Die Akkutechnologie hat sich seit diesem Dreamcast Controller ein großes Stück weiterentwickelt, aber dennoch weist der King Kong 2 Pro einige Ähnlichkeiten mit ihm auf: Beide Gehäuse werden mit einfachen Kreuzschlitzschrauben zusammengehalten (auch wenn die des Dreamcast leicht versenkt sind).

Nun, es sieht so aus, als hätte sich in dreißig Jahren nicht allzu viel verändert. Die vier Hall-Sensoren des Sega-Geräts sind sternförmig angeordnet (grünes Board), die zwei Sensoren im King Kong 2 Pro befinden sich beim Joystick (schwarzes Board). Vielleicht kommen dir die blauen Komponenten auf dem GuliKit-Stick bekannt vor – aber auch wenn die Gehäuse sehr an Potentiometer erinnern, handelt es sich tatsächlich um Magnete.

Warum sind Hall-Effekt-Sensoren immun gegen den Drift?

Jetzt, da wir gesehen haben, wie sich die Dinge in dreißig Jahren verändert haben (oder eben nicht), wollen wir uns mal anschauen, was hinter den Hall-Effekt-Sensoren steckt und das Geheimnis dieser magischen Technologie lüften. Wenn du es ganz genau wissen willst, schau dir dieses detaillierte Erklärvideo zur Funktionsweise von Hall-Sensoren an – Multimeter-Anzeige in Echtzeit und so.

Für alle, die eher „Team Text“ sind, ist hier eine Schritt-für-Schritt-Erklärung:

Der Hall-Effekt auf einen elektrischen Strom in einem Magnetfeld, hervorgerufen durch die Lorentzkraft.
  • Zuerst brauchst du ein paar Elektronen, die durch einen Leiter von einem Ende zum anderen wandern – damit hast du einen elektrischen Strom „I“.
  • Dann brauchen wir noch ein Magnetfeld „B“, erzeugt durch einen – oh Wunder – Magneten.
  • Wenn wir die beiden jetzt kombinieren und das Magnetfeld den elektrischen Strom beeinflusst, erfahren die Elektronen die sogenannte Lorentzkraft „F“.

Diese Kraft generiert ein Ungleichgewicht von positiven und negativen Ladungen im Leiter, die als Hall-Spannung „UH“ bezeichnet wird. Diese Spannung verändert sich, je nachdem, wie stark das Magnetfeld den Strom beeinflusst (d. h., wie weit der Magnet entfernt ist) und kann gemessen werden.

Wenn du das jetzt noch mit zwei Sensoren auf zwei Achsen kombinierst, hast du eine Technologie zur Bestimmung der Position des Sticks – ganz ohne Verschleiß an den Komponenten, die für die Messung nötig sind. Die englischsprachige Wikipedia fasst die Vorteile folgendermaßen zusammen: „Geräte, die mit Hall-Effekt-Technologie funktionieren … sind immun gegen Staub, Schmutz, Schlamm und Wasser. Wegen dieser Eigenschaften sind Geräte, die den Hall-Effekt nutzen, besser für die Bestimmung der Position geeignet als andere Technologien wie optische und elektromechanische Sensoren.“ Und ja, Potentiometer gehören zu den elektromechanischen Technologien.

Warum werden Hall-Effekt-Sensoren nicht einfach überall eingesetzt?

Nun ja, sie sind vielleicht viel gängiger, als du denkst. Sie werden verwendet, um die Position von Motoren zu bestimmen und werden von vielen Tüftler:innen in ihren Arduino-Projekten eingesetzt. Eine häufige Anwendung, die viele von euch bestimmt schon gesehen, aber wahrscheinlich gar nicht bemerkt haben: als Wasserstandssensor in Kaffeemaschinen – ein Magnet fällt mit dem Wasserstand, beeinflusst das elektrische Feld im Sensor und die Kaffeemaschine zeigt dir an, dass du Wasser auffüllen solltest.

Aber zurück zum eigentlichen Grund, warum wir uns Hall-Effekt-Sensoren anschauen: Wegen des Stick-Drift.
Obwohl Hersteller Hall-Sensoren in ihren Controllern verwenden, um die Trigger-Tasten auszulesen (nicht nur, ob sie gedrückt werden, sondern auch, wie weit), sind sie bislang nicht in vielen Joysticks zu finden. Warum nicht? Sind sie vielleicht zu teuer, verschleißen genauso schnell, sind nicht präzise genug, brauchen mehr Platz?

Hall-Effekt-Sensoren sind zwar ein paar Cent teurer, und auch Magnete und Hall-Sensoren nutzen sich irgendwann ab – aber erst Jahrzehnte später, also wären sie den Preisunterschied wert. Die Genauigkeit der Hall-Sensoren hängt von der Auflösung des ADC (Analog-Digital-Konverter) ab, der den Hall-Effekt wieder in elektrische Signale umwandelt, das könnte also durchaus eine Beschränkung darstellen. Aber mit der Größe hat es nichts zu tun, nicht mehr jedenfalls.

Seit der 3D-Controller-Technologie der 90er hat sich so einiges getan, und wenn wir uns den GuliKit King Kong 2 Pro anschauen, sehen wir, was heute möglich ist. Da Hall-Sensoren nur noch so groß wie Potentiometer sind, können wir uns auf eine Goldene Ära der Upgrades freuen – für das Steam Deck Joystick-Modul gibt es schon eines. Wir sind schon gespannt zu sehen, wie gut sie wirklich sind; nicht nur hinsichtlich ihrer Funktionalität und Zuverlässigkeit, sondern auch, wie einfach sie einzubauen sind.

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Dieser Artikel wurde übersetzt von Maria Parker.