Du kannst reparieren, was du besitzt. Ja, genau du!
Kommentar

Du kannst reparieren, was du besitzt. Ja, genau du!

Wenn man bei iFixit arbeitet, hat man manchmal das Gefühl, im Kino in der ersten Reihe zu sitzen und einen bizarren Film namens „Technik zwischen Magie und Wahnsinn“ anzusehen.

Klar, die Technologie hat sich drastisch weiterentwickelt, seit iFixit vor zwanzig Jahren bei dem Versuch ins Leben gerufen wurde, ein iBook ohne jegliche Anleitungen zu reparieren. Wir ziehen ganz selbstverständlich leistungsstarke Mini-Computer mit Touchscreen aus der Hosentasche, stopfen ultraleichte High-Performance-Laptops in unsere Rucksäcke und tauchen mit OLED-VR-Headsets in virtuelle Welten ein, von denen wir in der Virtual-Boy-Ära nur träumen konnten.

Aber die Kehrseite dieser rasanten Entwicklungen ist, dass wir immer weniger über unsere immer kleiner und komplexer werdenden Geräte wissen. Sie erscheinen uns als Wunder der Technik – genial, aber unverständlich. Wunder, die wir zur Arbeit oder Unterhaltung nutzen, die aber sicher nicht dafür gedacht sind, von Normalsterblichen geöffnet zu werden. 

Licht an!

Wir machen Teardowns, weil wir finden, dass du deine Technik ruhig öffnen solltest. Wenn du wirklich verstehen willst, wie etwas funktioniert, musst du es auseinandernehmen. Und wenn du es verstehst, hast du gute Chancen, es reparieren zu können, wenn es kaputtgeht. Sich auf diese Reise einzulassen, Neues zu entdecken und Zusammenhänge zu begreifen – das ist die Grundlage von Handlungsfreiheit. 

Apple listet minutiös auf, was alles möglicherweise eventuell im schlimmsten Falle schiefgehen könnte, wenn du es wagen solltest (Sakrileg!), dein Apple-Gerät selbst zu reparieren (Quelle)

Die Hersteller setzen verschiedene Strategien ein, um dich von dieser Entdeckungsreise abzuhalten, sei es mit „warranty void“-Aufklebern, proprietären Schrauben oder indem sie Informationen, die für die Reparatur wichtig sind, für sich behalten. Und selbst wenn sie irgendwann nachgeben und DIY-Reparaturen anbieten, sind manche Anleitungen mit so vielen Warnhinweisen versehen, dass man unweigerlich denkt: Das lasse ich lieber die Profis machen. 

Aber die Sache ist: Reparieren kann man lernen. Reparaturwissen und -verständnis bauen sich mit der Zeit auf, so, wie sich ein Muskel aufbaut, wenn er immer wieder beansprucht wird. Wenn du schon mal ein Handy oder einen Computer repariert hast, hast du bessere Voraussetzungen, wenn es um die Reparatur anderer Geräte geht, auch wenn es ein Wäschetrockner ist. Wenn du einmal über deinen Schatten gesprungen bist und eine dieser vermeintlich undurchdringlichen Zaubermaschinen geöffnet hast, entwickelst du ein Verständnis für die Dinge, das dir auch dann hilft, wenn du deine bisherigen Erfahrungen nicht direkt auf eine neue Situation übertragen kannst. 

Ich erinnere mich gut daran, wie ich zum allerersten Mal meinen Laptop geöffnet habe, um ihn zu reinigen und RAM und Speicher upzugraden. Mir war nicht geheuer dabei, obwohl ich die Anleitung vorher mehrfach durchgelesen hatte. Aber das Gefühl, als ich es dann geschafft hatte, war einfach unbeschreiblich! Ich hatte etwas selbst repariert – und sah das Gerät, das seit fast zehn Jahren mein täglicher Begleiter war, plötzlich mit anderen Augen. Reparatur kann einem so viel geben.

Denn wenn man etwas repariert, ist es wieder da, dieses kindliche Staunen, das wir Erwachsene so selten spüren. Kinder finden alles spannend, sie wollen wissen, wie die Dinge funktionieren, und sie haben keine Angst davor, dass sie etwas kaputtmachen könnten (und ja, das kann auch etwas Positives sein ?). Wenn du dieses Gefühl erst mal zulässt, wirst du feststellen, dass es dich im Grunde nie verlassen hat.

Es war einmal vor langer, langer Zeit, da konnte man auch bei MacBooks das RAM upgraden.

Alle können reparieren

Damit will ich nicht sagen, dass Warnungen und Sicherheitshinweise keine Berechtigung haben. Wenn du an den inneren Mechanismen eines Systems arbeitest, kann natürlich etwas schiefgehen. Deshalb enthalten auch unsere Anleitungen Warnhinweise, wenn sie angebracht sind. Einen Akku zu beschädigen ist zum Beispiel wirklich keine gute Idee, vor allem, wenn er voll geladen ist.

Aber die dramatische Art und Weise, wie Angst vor DIY-Reparaturen geschürt wird, ist übertrieben. Die Haltung, unsere Geräte seien zu kompliziert und empfindlich, um von uns selbst repariert zu werden, befeuert eine Wegwerfkultur, die sich mit Werten wie Eigenverantwortung und Nachhaltigkeit nicht vereinbaren lässt.

Bei iFixit sind wir der Überzeugung, dass alle die Geräte reparieren können, die ihnen wichtig sind – vorausgesetzt, man hat die richtigen Werkzeuge, Ersatzteile und Anleitungen dafür. Dabei geht es nicht nur darum, dass kaputte Geräte wieder funktionieren; es geht darum, dass wir selber sie reparieren können, wenn sie kaputtgehen. Dass wir es in der Hand haben.

Auf deiner Reise von „Bitte bitte nicht explodieren!“ zu „Eigentlich gar nicht so schwer“ wirst du unzählige kleine Triumphe erleben. Und jeder kleine Sieg bringt dich der Erkenntnis näher, dass du selbst die Welt zum Besseren verändern kannst.

Nutze, was du hast

Black Friday steht vor der Tür und lockt mit glänzenden neuen Gadgets, „günstig“ wie nie. Aber in der Versuchung liegt auch eine echte Möglichkeit: Tritt einen Schritt zurück und besinne dich auf die treuen Geräte, die du schon hast. Was sie an deiner Seite nicht schon alles mitgemacht haben! Und sie sind noch lange nicht am Ende. Gönn ihnen ein bisschen Wellness – und ihr werdet gemeinsam noch viel erleben.

Lasst uns Black Friday dieses Jahr anders machen. Anstatt noch mehr neue Technik zu kaufen, lasst uns die besser kennenlernen, die wir schon haben! Es gibt noch so viel zu entdecken, so viel zu lernen. Und am Ende sind nicht nur deine Geräte bereit für die nächste Runde – du bist es auch. 

Dieser Artikel wurde übersetzt von Maria Parker.