Endlich da: Apples Version von DIY-Reparatur
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Endlich da: Apples Version von DIY-Reparatur

Und sie hat einen Haken.

Seit Ende April ist es nun endlich Wirklichkeit: Das Self-Service-Reparatur-Programm von Apple, das schon letzten November angekündigt wurde. Tüftler:innen in den USA können nun selbst Ersatzteile und Werkzeug für das iPhone 12, 13 und SE 3 kaufen. Ersatzteile sind für den Akku, den unteren Lautsprecher, die Kamera, das Display, das SIM-Tray und die Taptic Engine erhältlich. Im Laufe des Jahres soll das Programm auch auf M1 MacBooks ausgeweitet werden und auch für Kund:innen in Europa zugänglich sein. Weitere Produkte und Märkte sind in Planung. Ob Apple später auch Ersatzteile für ältere iPhone-Modelle anbieten wird wie iFixit, ist noch unklar.

Wir waren vorsichtig optimistisch, als das Programm im November angekündigt wurde. Alles, was Menschen hilft, ihre Reparaturen selbst durchzuführen, ist ein Schritt in die richtige Richtung! Und vieles von dem, was Apple Ende April bekanntgegeben hat, ist Grund zur Freude: Ersatzteile sollen sieben Jahre lang erhältlich sein; Werkzeuge, die zuvor Apple-Techniker:innen vorbehalten waren, sollen ganz normal in Geschäften erhältlich sein; und kostenlose, anschauliche Schritt-für-Schritt-Reparaturanleitungen würden auf der Apple-Website zugänglich sein. Aber nun, da der Zauber des Anfangs langsam verfliegt, finden wir uns auf dem Boden der Tatsachen wieder. Und zurück zu unserer üblichen Skepsis.

Was das größte Problem ist? Apple hält daran fest, dass Ersatzteile mit dem jeweiligen Gerät durch eine spezielle Software verkoppelt werden müssen, um nach dem Einbau fehlerfrei zu funktionieren. Wichtige Ersatzteile müssen also eine Seriennummer oder IMEI („International Mobile Equipment Identity“)-Nummer tragen. Wenn du ein Aftermarket-Ersatzteil einbauen willst, stell dich darauf ein, eine Warnung zu erhalten, dass es nicht verifiziert werden kann. Diese Strategie macht es Drittanbieter:innen praktisch unmöglich, Reparaturen ohne Funktionsverlust durchzuführen, und könnte die Möglichkeiten für das Recycling und die Wiederaufbereitung von Geräten dramatisch einschränken. Schlechte Nachrichten für die Kreislaufwirtschaft.

Seit Ende April kann man in den USA ein offizielles Apple iPhone 12-Display kaufen und es selbst einbauen, auf dem eigenen Gerät, einfach so. Bis dahin musste man bei DIY-Reparaturen darauf achten, die Lautsprecher- und Sensor-Baugruppe für die Face-ID-Funktionalität nicht zu beschädigen und sie dann sehr vorsichtig auf das neue Display übertragen, unter Nichtachtung ein paar freundlicher Warnhinweise. Wenn die Baugruppe beschädigt oder defekt war, hatte man schlicht und einfach Pech. Mit dem Self Service Repair-Programm wird dieses Problem behoben – vorausgesetzt, du hast ein offizielles Apple-Ersatzteil gekauft.

Wenn du das Ersatzteil kaufst, musst du allerdings die Seriennummer oder IMEI deines Smartphones eingeben. Und wenn du das Ersatzteil erfolgreich eingebaut hast, musst du es mit dem Handy koppeln, das du beim Kauf angegeben hast. Dafür brauchst du die Installations-Software, die Apple noch in seinem Store verfügbar machen will. Durch dieses Verfahren, das Parts Pairing, bekommt dein iPhone praktisch ein Verfallsdatum. Wenn eine Wiederaufbereitungs-Werkstatt ein Smartphone erhält, das bis auf ein kaputtes Display gut funktioniert, in das man aber nur ganz bestimmte Ersatzteile (nämlich mit Seriennummer und/oder Kopplungssoftware) einbauen kann – dann wird es ihr nicht möglich sein, das Gerät in vollem Umfang wiederherzustellen. Auch dann nicht, wenn sie ein originales Apple-Display von einem anderen iPhone auf Lager hat. Aus diesem Grund ist es so wichtig für uns, dass man für die Ersatzteile, die wir für Google, HTC, Vive, Motorola, Samsung und Valve verkaufen, keine Seriennummer oder eine bestimmte Software braucht, um sie einbauen zu können.

Wir freuen uns sehr, dass Apple Reparaturanleitungen für alle online zugänglich macht. Ganz im Ernst. Wir haben das seit zwanzig Jahren gefordert und freuen uns wirklich sehr, dass es nun Wirklichkeit geworden ist. Auch Apple-Werkzeuge kann man jetzt als Nicht-Werkstatt-Inhaber:in kaufen, zum ersten Mal überhaupt. Man kann offizielle Apple Akku-Pressen kaufen und Öffnungswerkzeuge, um den Klebstoff unter dem Display zu entfernen. Man kann allerdings auch – zu unserer Überraschung – diese Werkzeuge mieten! Für 49 Dollar kann man den kompletten Werkzeugsatz für eine Apple-approbierte DIY-iPhone-Reparatur mieten, das sind knapp vierzig Kilo an Werkzeugen, die in zwei stattlichen Koffern geliefert werden. Es kommt einem ein bisschen so vor, als würde man einen OP-Roboter mieten, um einen Splitter aus dem Finger zu entfernen. Die Reparaturanleitungen basieren auf der Annahme, dass man diese Werkzeugkoffer zur Hand hat; dabei dürften die Kosten und der Aufwand, die damit verbunden sind, die meisten Tüftler:innen abschrecken. Wie gut, dass zahlreiche DIY-Fans längst bewiesen haben, dass sie iPhones auch mit wesentlich weniger Werkzeugen sehr gut selbst reparieren können.

Wir freuen uns auch über Apples Versprechen, iPhone-Ersatzteile sieben Jahre lang verfügbar zu machen und MacBook-Akkus sogar zehn Jahre lang (wobei, zugegeben, sieben Jahre Support zumindest in Kalifornien bereits gesetzlich vorgeschrieben waren). Akkus zu wechseln gehört zu den Grundlagen der Gerätewartung, und zehn Jahre Akkulebensdauer sollten der Mindeststandard sein.

Die Preise orientieren sich am Independent Repair Provider Program, sodass DIY-Reparateur:innen Ersatzteile fast wie im Großhandel kaufen können. (Allerdings nur fast; Geschäfte, die gehofft hatten, selbst Apple-Ersatzteile zu vertreiben, wurden enttäuscht. Aber falls jemand das tun will: Wir sind gern für euch da.) Ein offizieller Apple iPhone 12 Akku kostet 6 % des Kaufpreises eines neuen iPhones, und ein Display etwa 33 %. Jedenfalls solange das alte Display an Apple zurückgeschickt wird, sodass es wiederaufbereitet und wiederverwendet werden kann. Was sich nicht nur positiv auf die Umwelt auswirkt, sondern auch auf Apples Bankkonto.

Apples iPhone 12-Displays kosten $269,95, und man bekommt $33,60 zurück, wenn man das alte Display einschickt. Dazu $49 für die gemieteten Werkzeuge, sodass die Reparatur insgesamt mit $285,35 zu Buche schlägt. Wenn man dieselbe Reparatur von einem Apple Store durchführen lässt, kostet sie $279. Ganz recht: Die DIY-Reparatur ist letztlich teurer als eine Reparatur durch die Werkstatt! iFixit verkauft dieses Ersatzteil für $ 249,95 (als OLED-Display) oder für $199,95 als Aftermarket-LCD-Display – als Kit, einschließlich der für die Reparatur benötigten Werkzeuge. Und mit der Zeit werden die iFixit-Ersatzteile drastisch günstiger – unser iPhone 11 Display kostet beispielsweise aktuell nur noch $124,99 in den USA (€ 119,95 im EU Store).

Auch wenn das Programm ein großer Schritt für die Reparatur ist und eine Kehrtwende des mächtigen Apple-Konzerns bedeutet, verfehlt es die Ziele der Bewegung für das Recht auf Reparatur. Ein wahres Recht auf Reparatur würde es unabhängigen Werkstätten ermöglichen, auf dem Markt mitzumischen, sodass Reparatur für alle günstiger werden würde. Apples Self Service Repair-Programm gewährt zwar einerseits neue Freiheiten, beschneidet aber zugleich andere. Dass man beim Kauf eines Ersatzteils die Seriennummer seines Smartphones eingeben muss, lässt nichts Gutes für die Zukunft erahnen; Apple könnte dadurch Reparaturen noch schwieriger machen als bisher schon. Indem das Unternehmen die technologischen Voraussetzungen dafür schafft, einzelne Reparaturen zuzulassen oder nicht, gibt es sich selbst die alleinige Entscheidungsmacht darüber, welche Ersatzteile in Zukunft in Apple-Geräte eingebaut werden können.

Wir würden wirklich nichts lieber tun, als Apples DIY-Programm ungetrübt zu feiern. Es ist jedenfalls besser, als gar nicht die Möglichkeit zu haben, Apple-Geräte selbst zu reparieren. Aber der große Sieg für Reparatur-Enthusiast:innen ist es nicht, auch wenn Apple das gern so darstellt. Ein kleiner Trost: Immerhin macht das Unternehmen einen kleinen Teil seiner Hausaufgaben für die Zukunft. Die großen Hersteller wissen, dass das Recht auf Reparatur kommen wird, und werden ihre restlichen Aufgaben bald nachreichen müssen. Das ist nur eine Frage der Zeit.

Dieser Artikel wurde übersetzt von Maria Parker.