Wir senken nachträglich die Reparierbarkeits-Bewertung des iPhone 14
Aktivismus

Wir senken nachträglich die Reparierbarkeits-Bewertung des iPhone 14

Die Teilekopplung macht das reparierbarere Design zunichte

Wir müssen uns mal ernsthaft unterhalten – und zwar darüber, wie reparierbar iPhones eigentlich sind. Früher haben wir Handys danach bewertet, wie leicht man sie auseinandernehmen konnte. Schrauben und Klebstoff spielten eine Rolle, und ob man gut an den Akku herankam. Inzwischen ist es deutlich komplizierter: Viele iPhone-Reparaturen werden jetzt durch Software eingeschränkt. Deshalb haben wir die Reparierbarkeits-Bewertung für das iPhone 14 gesenkt – aus 7 von 10 Punkten (empfehlenswert) sind 4 von 10 Punkten (nicht empfehlenswert) geworden.

Auch wenn wir dem Gerät letztes Jahr voller Enthusiasmus eine gute Bewertung gaben – wegen seines innovativen, reparaturfreundlichen Aufbaus, den wir auch immer noch ganz toll finden – sah die Reparatur-Realität ganz anders aus. Denn die meisten wichtigen Reparaturen an neueren iPhones müssen von Apple abgesegnet werden. Man muss die Ersatzteile von Apple kaufen und die Reparatur dann über einen Chat verifizieren lassen. Andernfalls gehen einige Funktionen des Geräts verloren und du wirst mit ständigen Warnmeldungen genervt.

Viele unabhängige Reparaturwerkstätten basieren auf einem Geschäftsmodell, das von der Teilekopplung durch Apple bedroht wird. Sie verwenden Ersatzteile, die sie aus kaputten Geräten ausbauen oder von Drittanbietern kaufen. Diese Werkstätten sollten nicht verpflichtet sein, Apple die persönlichen Daten ihrer Kund:innen mitzuteilen oder eine fünfjährige Probezeit zu durchlaufen, bis sie die Reparaturen durchführen können, die sie schon längst beherrschen.

Als wir dem iPhone 14 eine gute Bewertung gaben, war die Community daher wenig begeistert. Und sie hatte recht! Wir möchten uns bei unseren Kritiker:innen dafür bedanken, dass sie uns helfen, die Hersteller in die Pflicht zu nehmen.

Die Situation ist so schlecht geworden, dass mehrere Werkstattbetreiber angekündigt haben, ihr Geschäft aufzugeben, weil sie sich nicht mit dem Labyrinth an Hindernissen auseinandersetzen wollen, das Apple aufgebaut hat.

Also haben wir unser Bewertungssystem überarbeitet, damit es reflektiert, wie drastisch sich die Beschränkungen durch Software auf die Reparatur auswirken. Dann haben wir das iPhone 14 nach unserem neuen Bewertungsmaßstab untersucht – und die Sache sieht plötzlich ganz anders aus: Die 4 von 10 Punkte, die es jetzt noch erhält, berücksichtigen die Hindernisse, die einzelnen Leute oder unabhängigen Reparaturwerkstätten in den Weg gelegt werden, wenn sie versuchen, ein iPhone 14 zu reparieren.

Reparieren verboten

Der iFixit Reparierbarkeits-Index wurde lange Zeit anhand von Design-Kriterien berechnet. Wir haben untersucht, wie gut (oder schlecht) sich ein Gerät auseinandernehmen, reparieren, und wieder zusammenbauen lässt. Die höchsten Punktzahlen waren für diejenigen Geräte reserviert, deren Hersteller sogar Anleitungen dafür bereitstellten.

Aber Apple war uns einen Schritt voraus und erdachte sich Reparatur-Barrieren, die unser Bewertungsmaßstab schlicht nicht erfasste: Nämlich, dass man in ein Gerät, das eigentlich reparierbar aufgebaut ist (wie das iPhone 14), ein Original-Apple-Ersatzteil einbauen kann – das dann aber nicht funktioniert. Es reichte plötzlich nicht mehr, einer Anleitung genau zu folgen, um ein Gerät zu reparieren.

Nein, man braucht noch etwas anderes: Eine Freischaltung per Software, genauer gesagt der „System Configuration Utility“. Diese Software kontaktiert Apples Server, um die Reparatur zu „authentifizieren“ und koppelt dann das neue Ersatzteil mit dem System, sodass es funktioniert wie es soll. Natürlich kann es das nur tun, wenn deine Reparatur Apple schon vorher bekannt ist, weil du bei der Bestellung die Seriennummer deines iPhones angegeben hast und das Ersatzteil damit gekoppelt wurde, bevor es dir zugeschickt wurde. Logischerweise ist das nur möglich, wenn du das Ersatzteil von Apple direkt kaufst. Kein Wiederverwenden von Teilen aus kaputten Geräten mehr – was ein Grundpfeiler unabhängiger Reparatur war. Und kein Einbau von Aftermarket-Teilen mehr. Nur wenn eine Reparatur von Apple abgesegnet wurde, kann die Funktionalität des Geräts wieder ganz wiederhergestellt werden.

Apples Warnmeldungen, die angezeigt werden, wenn ein „nicht autorisiertes“ Ersatzteil eingebaut wurde – auch wenn es sich dabei um ein brandneues OEM-Teil handelt, das aber von Apple nicht autorisiert wurde.

Immerhin verkauft Apple jetzt Ersatzteile, anders als noch vor ein paar Jahren, als Teile, Reparaturanleitungen und Software-Tools nur über die Genius Bar und ein paar autorisierte Werkstätten erhältlich waren. Aber Probleme bestehen weiterhin. Apple hatte mit dem iPhone 14 eigentlich einen großen Schritt in Richtung Reparierbarkeit gemacht, und wir wollten diese Bemühungen nicht durch übermäßige Kritik dämpfen. Auch bei Apple gibt es gute Leute, die daran arbeiten, die Situation zu verbessern.

Aber die Teilekopplung ist eine ernsthafte Bedrohung dafür, dass wir unsere Geräte selbst reparieren können. Es ist problematisch, wie viel Kontrolle Apple über den ganzen Reparaturprozess hat, und wie viel Geld man ausgeben muss, um seine eigenen Sachen zu reparieren. Apple will dieses Maß an Kontrolle, um sicherzustellen, dass alles mit rechten Dingen zugeht, und das können wir verstehen. Aber das sollte nicht auf Kosten von Eigentümerrechten oder dem Umweltschutz gehen. Du hast schon ein Display oder einen Akku da, Original-Apple natürlich? Tja, Pech gehabt – wenn du alle Funktionen behalten willst, musst du ein neues Teil von Apple kaufen. Und was passiert in ein paar Jahren, wenn Apple offiziell aufhört, Reparaturen für dein Gerät zu unterstützen und den Authentifizierungsserver herunterfährt? Apple sendet eine eindeutige Botschaft: DIY-Reparaturen sind für den Konzern keine Priorität.

Unser Bericht und die Überarbeitung unseres Bewertungsmaßstabs sind das Ergebnis einer langwierigen Analyse. Unser Team hat mehrere Exemplare jedes Modells aus jeder Smartphone-Generation gekauft und hunderte von Tests durchgeführt, in denen wir einzelne Teile zwischen den Geräten hin- und hergetauscht haben. Die Probleme mit der Teilekopplung, die wir beobachtet haben, werden auch von unabhängigen Werkstätten und YouTube-Reparateuren wie Hugh Jeffreys und Louis Rossmann bestätigt.

Wie konnte es nur so weit kommen?

Wer Apple gut kennt, wird sich nicht wundern, dass das Unternehmen dieses System aufgebaut hat, ohne den Leuten Bescheid zu sagen, die die Reparaturen durchführen, und die es unmittelbar betrifft.

Die ständigen, geheimgehaltenen Veränderungen hatten es uns schwer gemacht, sie in unserem Bewertungssystem zu berücksichtigen. Das früheste gekoppelte Teil fanden wir im iPhone 5s: der biometrische Fingerabdruck-Sensor. Offiziell war das aus Sicherheitsgründen nötig, deshalb änderten wir unsere Bewertung auch dann nicht ab, als unser Forum volllief mit Leuten, deren Reparaturen dadurch verhindert wurden.

Dann passierte etwas Merkwürdiges: True Tone begann, nach Display-Reparaturen zu verschwinden, auch wenn Original-Apple-Displays verbaut wurden. Dann funktionierten einige Aftermarket-Displays nicht mehr. Einige dieser Bugs wurden behoben, andere nicht.

Nach der Empörung über Batterygate, als die Welt erfuhr, dass Apple bei iPhones mit älteren Akkus die Leistung drosselte, legte Apple noch eins drauf und begann, über ein iOS-Update Akkus mit dem Logic Board zu koppeln. Das Update sorgte dafür, dass die Informationen zum Batteriezustand nicht mehr bei Geräten sichtbar war, in denen Akkus von Drittanbietern verbaut worden waren. Damit war eine wichtige Funktion für das Management der Geräte-Lebensdauer einfach weg.

Etwa zur gleichen Zeit wurde beim iPhone X Face ID eingeführt, eine revolutionäre Technologie – die aber leider mit einem gekoppelten Dot-Projector funktioniert. Wie beim biometrischen Sensor vermuteten wir, dass Sicherheitsbedenken hinter diesem Design standen, und auch wenn wir es nicht toll fanden, erklärten wir uns Apples Entscheidung damit, dass neue Technologien oft mit Kompromissen verbunden sind. Also machten wir seitdem für solche Sicherheitsfeatures eine Ausnahme in unserem Bewertungsmaßstab – ohne zu ahnen, was nun auf uns zukam.

Manche Ersatzteile funktionierten einfach nicht. Aber genauso oft erschienen nach Reparaturen plötzlich Warnmeldungen. Viele Warnmeldungen. Sehr viele Warnmeldungen. Apple begann, Nutzer:innen mit Warnmeldungen zu überfluten, wenn sie ihre Geräte reparierten. Und diese Meldungen gingen einem richtig auf die Nerven.

iPhone battery warnings

Das iPhone 12 hatte eine anfällige Kamera, deren Austausch Warnmeldungen triggerte – eine Enttäuschung für die Reparatur-Community. Beim iPhone 13 war das Display so neu designt worden, dass Face ID Reparaturen nicht mehr verhinderte – aber wenn Face ID ausgetauscht wurde, funktionierte die Funktion überhaupt nicht mehr. Das ständige Hin und Her (auch, was die Bewertungen auf unserem Reparierbarkeitsindex betraf) hielt uns ganz schön auf Trab. Ein Schritt vor, einer zurück. Währenddessen wurden aber immer mehr Teile gekoppelt. Das Problem, das ursprünglich aus ein paar vereinzelten Ärgernissen bestand, wurde immer gravierender.

Es wurde deutlich, dass die einzelnen kleinen Reparatur-Hindernisse Teil einer größeren Strategie waren, Teil von Apples Plan, Kontrolle über jede einzelne iPhone-Reparatur zu haben.

Das Design des iPhone 14 ist immer noch eine beachtliche Leistung

Wir bleiben bei unserem großen Lob für den inneren Aufbau des iPhone 14, der den Standard für Reparierbarkeit wirklich neu definiert. Reparaturen des Rückglases, die früher bis zu 549$ kosteten, sind durch das neue Design des Mittelrahmens jetzt für 169$ zu haben.

Als Apple im Rahmen der iPhone 15 Produktvorstellung erstmals über Reparierbarkeit sprach, kündigte das Unternehmen an, dieses Design bei allen iPhone 15 Modellen anzuwenden. (Beim iPhone 14 hatten nur die nicht-Pro-Modelle das verbesserte Design.)

Bravo! Dieses Design hält tatsächlich, was die Marketingkampagnen versprachen. Der Aufbau dieser Hardware ist bemerkenswert und wir hoffen, dass andere Hersteller sich davon eine Scheibe abschneiden werden.

Bedauerlicherweise wird diese Verbesserung auf mechanischer Ebene von einer Flut von Software-Hindernissen unterminiert.

Appelle an Apple haben nichts gebracht

Das Problem der Teilekopplung betrifft bei Weitem nicht nur iPhones. MacBooks und iPads leiden an einem ähnlichen Schicksal: Die Reparatur von Displays, Buttons und anderen wichtigen Komponenten wird schrittweise eingeschränkt, sodass man sie nur mit Apples Erlaubnis durchführen kann oder Verluste in ihrer Funktionalität hinnehmen muss.

Obwohl wir und andere Fürsprecher der Reparatur wegen der Teilekopplungs-Tendenzen schon seit Jahren Alarm blasen, bleibt Apples Reaktion enttäuschend – vor allem für einen Marktführer und Trendsetter, der eigentlich die Ressourcen hätte, verantwortungsvoll zu handeln. Und das Problem wird immer schlimmer. Dafür gibt es mehrere Gründe, nicht alle davon verwerflich:

  • Absichtliches Wegschauen
  • Das präzise Kalibrieren von Ersatzteilen
  • Die Bekämpfung von Garantie-Betrug
  • Fehlende Testsoftware-Updates für Aftermarket-Teile
  • Kontrolle über die Bedienfreundlichkeit

Unseren Informationen zufolge ist es wahrscheinlich eine Kombination von all diesen Gründen. Dennoch: Apple hat die Ressourcen, um diese Probleme zu lösen. Aus dem Aufwand zu schließen, mit dem Apple seine Produkte entwickelt und sich stets um Kundenzufriedenheit bemüht, könnte der Konzern leicht die beste DIY-Reparatur-Umgebung in der Tech-Branche schaffen. Aber das passiert nicht. Unsere Reparatur-Community sollte nicht Jahr für Jahr Ideen entwickeln müssen, um die Hindernisse zu umgehen, die ihnen das reichste Unternehmen der Welt einbrockt.

Apple muss an sich arbeiten. Und ehrlich gesagt müssen wir das auch. Deshalb haben wir unseren Bewertungsmaßstab angepasst, damit er ab heute die veränderten Bedingungen besser reflektiert.

Eine neue Bewertung

Mit der neuen Bewertung, 4 von 10 Punkten, landet das iPhone 14 nun auf der Schattenseite unserer Bewertungsskala. Damit ist es aus Perspektive der Reparierbarkeit leider eindeutig nicht empfehlenswert. Unserer neuer Bewertungsmaßstab deckt eine große Bandbreite an Möglichkeiten ab, um Reparaturen zu verhindern – danke, Apple, für diese Lektion. Wenn Reparaturen unmöglich gemacht werden oder nur mit Funktionsverlust zu bewerkstelligen sind, oder wenn nach einer Reparatur mit Warnmeldungen gerechnet werden muss, dann wirkt sich das negativ auf die Bewertung aus. Zusammengenommen sorgen diese Faktoren dann für eine drastisch schlechtere Note auf der Reparierbarkeitsskala. (Die Überarbeitung des Bewertungsmaßstabs kostete uns viele Monate sorgfältiger Arbeit – wenn du mehr darüber erfahren willst, schau dir hier unsere Erläuterung an.) Dieser Bewertungsmaßstab wird künftig der Standard sein, an dem wir neue Produkte messen – denn Apple ist nicht der einzige Hersteller, der DIY-Reparaturen mit Teilekopplung und anderen digitalen Hindernissen unterbindet.

Die Reparierbarkeits-Bewertung reflektiert nicht nur unsere eigenen Empfehlungen. Sie steht auch für die grandiose Verschwendung von Geld und Zeit, für die Wuttränen der Apple-Kund:innen, Reparatur-Profis und Beinahe-Reparateuren. Sie steht für den wachsenden Berg an Elektroschrott, der das Wohl unserer Gesellschaft und unseres Planeten gefährdet.

Du kannst helfen, indem du reparierbare Produkte kaufst, wann immer nur möglich. Produkt-Designer:innen merken genau, wenn der Wind dreht. Wenn genug Kund:innen reparierbare Produkte verlangen, werden die Hersteller auch haltbarere Produkte entwickeln.

Ein Hinweis noch: Im Moment bewerten wir nur das iPhone 14 neu. Wir haben momentan nicht vor, frühere iPhones neu zu bewerten. Wenn wir das täten, würden sich ihre Noten höchstwahrscheinlich ebenfalls verschlechtern.

Apple könnte dieses Problem mit einem Software-Update beheben – dann könnte die 7/10-Bewertung über Nacht wiederkehren. Aber auch wenn Apple das Right-to-Repair-Gesetz in Kalifornien unterstützt, zeigen diese Probleme, dass das Unternehmen die Situation nicht ernst genug nimmt.

Wir werden weiterhin Apple und die anderen Hersteller zur Rechenschaft ziehen, mit unseren bewährten Mitteln: Indem wir die Wahrheit über Reparatur-Einschränkungen so laut wie möglich herausschreien, indem wir unseren Bewertungsmaßstab den neuen Hindernissen anpassen, und in dem wir Right-to-Repair-Gesetze unterstützen, die Teilekopplung unterbinden wollen.

Haltbare, reparierbare Produkte sind essenziell für die Zukunft des Planeten. Elektronik ist dann nachhaltig, wenn sie so lange funktioniert wie möglich, und Teilekopplung will genau das verhindern.

Das Recht auf Reparatur erhält immer mehr Unterstützung. Wir werden niemals aufhören, uns für unabhängige Reparatur einzusetzen. Und wir freuen uns über alle, die sich uns anschließen.

Dieser Artikel wurde übersetzt von Maria Parker.